Als ich Musik gemacht habe, Teil II
5. September 2009
Vor einigen Wochen berichtete ich bekanntlich von meinen blutigen Anfängen in der glorreichen Disziplin der Musikproduktion. Nach diesen höchst umständlichen ersten Übungen merkte ich bald, dass man für bequemes Arbeiten unbedingt eine »MIDI-Soundkarte« benötigte.
Dazu muss man erläutern, dass der Ausdruck »MIDI-Soundkarte« natürlich Quatsch ist, weil jede Soundkarte prinzipiell MIDI-fähig ist, denn es handelt sich dabei ja nur um ein Software-Protokoll. Was ich damals gemeint hatte, waren Soundkarten, die sample-basierte Klänge eingebaut hatten und deutlich realistischere Töne von sich gaben als die piepsigen AdLib-Klänge, die man von den damaligen PC-Computerspielen so gewohnt war. Meine erste samplebasierte Soundkarte war ein Billigmodell für 100 Mark aus dem Vobis, doch die wurde bald gegen eine Yamaha DB-50XG ausgetauscht. Das besondere an diesem Stück Hardware: Es handelte sich um ein sogenanntes Daughterboard – eine Zusatz-Soundkarte, die man über eine spezielle Steckverbindung mit einer Mittelklasse-Soundblaster-Karte kombinieren konnte, und die deren MIDI-Klangfähigkeiten deutlich verbesserte.
Die DB-50XG tönte wirklich unfassbar gut für meine damaligen, bescheidenen Verhältnisse. Das tollste daran: Man konnte die Klänge sogar über MIDI-Events filtern und so ein wenig an der Charakteristik der Sounds schrauben. Gut, dass mir mein Vater etwa zur gleichen Zeit ein (tatsächlich) professionelles Master-Keyboard schenkte, ein Roland PC-200 MKII für fette 700 Mark, welches neben anschlagsdynamischen Tasten auch zwei oder drei MIDI-Regler besaß, mit denen man die Filter triggern konnte. Kleine Anekdote: Damals hat man MIDI-Keyboards oft über den Gameport des Rechners angeschlossen, der wiederum sehr häufig auf der Soundkarte des Rechners saß. Verrückte Zeiten!
Auf Software-Seite arbeitete ich mit sehr einfachen Sequenzer-Programmen wie MIDI Orchestrator plus, die zwar absolut nicht mit Logic oder Cubase vergleichbar, jedoch immerhin einfacher zu bedienen waren. Und natürlich bei Auslieferung der Soundkarten mit dabei! Und damit konnte eigentlich mein zweites Musikprojekt an den Start gehen. Ich habe ja schon darauf hingewiesen, dass mit jedem technischen Meilenstein eine Umbenennung des Produzenten einherging. In diesen paar Monaten im Jahr 2006 1996 nannte ich mich »Unknown Future«. Einfach, weil es cool klang und so.
Bezeichnend für diese Schaffensperiode waren rein instrumentale Songs, die ausschließlich aus den Klängen der besagten Yamaha-Soundkarte bestanden. Und weil hierauf leider keine amtlichen 909er-Percussions zu finden waren (damn!), ist der Sound deutlich weniger dancefloorig als bei den früheren Tracks, auch wenn ich natürlich trotzdem stets versucht war, jedes Klische der damals aktuellen Mucke möglichst originalgetreu zu imitieren.
Interessanterweise boten spätere Versionen der primitiven MIDI-Sequenzer sogar die Möglichkeit, eine oder zwei Spuren für Sample-Dateien zu benutzen. Somit hätte ich theoretisch fette und amtliche Drumloops einsetzen können. Da ich jedoch nichts von der Existenz von Drumloops wusste, und mein Pentium-60 außerdem zu langsam war, um die MIDI-Spuren und die Sample-Spuren ordentlich synchron abzuspielen, beschränkten sich die Samples auf vereinzelte »Yea!« und »Dance!«-Rufe in zwei oder drei der »Unknown-Future«-Tracks.
Inzwischen schreiben wir das späte Jahr 1996, und just zur Begrüßung des nächsten Jahres schrieb ich dann noch das folgende Meisterstück zeitgeistiger Programm-Musik: Welcome to 97