Aktuelle CMS-Stimmungslage

Wer meinen Twitter-Account verfolgt, hat die entnervten Dramen um MODX sicher mitbekommen. Sorry dafür. Aber als jemand, der immer noch auf der Suche nach der perfekten CMS-Lösung ist (die es niemals geben wird), muss man viel Frust und Euphorie durchmachen. Hier ist die aktuelle Stimmungslage, was die mir bekannten CMSe angeht:

  • WordPress ist auf einem wirklich guten Weg und kommt bei den meisten meiner Projekte zum Einsatz, sowohl bei Blogs als auch bei kleinen bis mittleren Websites. Nutzerfreundlich, entwicklerfreundlich, erstaunlich mächtig und stabil. Die Update-Frequenz hat erfreulicherweise etwas nachgelassen, die Backend-Performance hat sich verbessert, WordPress findet derzeit die richtige Balance zwischen Features und Performance. Die erwartete Wordpokalypse bleibt erstmal aus!
  • Textpattern kommt nur noch extrem selten zum Einsatz, nämlich bei sehr reduzierten Blogs und sehr kleinen Websites, die keine hierarchische Navigation benötigen. TXP hat sich seit 2005 kaum spürbar weiterentwickelt, ist aber grandios stabil und gut abgehangen. Tut, was es soll. Das ist zwar nicht viel, aber manchmal ist Verlässlichkeit und Performance wichtiger als Features!
  • MODX Evolution schlägt in die gleiche Kerbe wie Textpattern, nur eben für hierarchische Websites, weniger für Blogs: Pfeilschnell, robust ohne Ende, extrem gut abgehangen, seit Jahren keine neuen Core-Features, was aber okay ist. Als verlässliches Arbeitspferd, mit dem man null Stress hat, wenn es einmal läuft, ist Evo immer noch sehr zu empfehlen.
  • MODX Revolution ist in Sachen Verlässlichkeit das Gegenteil seines älteren Bruders: Hier könnte man manchmal in die Tischkante beißen, weil alles noch so wenig ausgereift ist. Das Backend ist träge und instabil. Die Entwickler hatten mit den Rewrite etwas ganz Großes und Ultimatives im Sinn, und verrennen sich gerade ein wenig in der selber geschaffenen Allmacht des Systems. Die TYPO3-Leute kennen das vielleicht, oder? Dennoch kann man – entsprechendes Vorwissen vorausgesetzt – bestimmte Funktionen einer Website in so wahnwitziger Geschwindigkeit und Eleganz umsetzen, dass es eine Freude ist – solange es sich nicht um große Mengen von zeitbasierten Artikeln handelt, denn da versagt Revo (und auch Evo) immer noch kläglich. Allerdings: Nie war man an der Entwicklung eines Systems so hautnah dran: Bugreports werden von den drei Core-Entwicklern zeitnah beantwortet, man kann schön nachvollziehen, wie das System Schritt für Schritt besser wird. Leider dauert es alles zu lange, und man wünschte sich einen FF-Button. Fazit: Im Sommer 2012 ist MODX Revo evtl. ready for prime time!
  • Drupal macht da weiter, wo WordPress aufhört, und zwar in jeder Hinsicht: größere Websites, sauberere Content-Typen, stärkere Generalisierung der Strukturen, höhere Flexibilität, aber auch deutlich mehr Arbeit in der Konfiguration und im Theming. In WordPress »macht man mal eben«. In Drupal investiert man Zeit und Gehirnschmalz in jede kleine Funktion. Ansonsten gehen beide Systeme (fast) gleichermaßen gut mit zeitbasierten und hierarchiebasierten Inhalten um, was nicht jedes CMS von sich behaupten kann. Drupal ist alles andere als frustfrei. Aber stabil und professionell ist es allemal. Man muss halt immer ein bisschen mehr Zeit einplanen.

So, das wär’s in knackiger Form von meiner Seite. Weitere Hinweise außer »Mein CMS ist besser als dein CMS«? Immer her damit!