Zur öffentlich-rechtlichen Web-Debatte
3. Mai 2008
Ein paar Stichworte von mir bezüglich dieser ganzen Was dürfen die öffentlich-rechtlichen Sender im Internet und was nicht?-Debatte. Um das Problem ein wenig aus der Vogelperspektive zu begreifen, helfen drei Feststellungen:
- Im klassischen Rundfunk waren die staatlichen bzw. öffentlich-rechtlichen Anstalten zuerst da, die Privaten kamen später hinzu. Niemand stellt daher ernsthaft das Existenzrecht der ÖR in Frage.
- In der klassischen Presse waren die Privaten zuerst da – eine staatliche oder öffentlich-rechtliche Anstalt gab es bisher nicht, obwohl sich im Rundfunk der Dualismus der Anbieter insgesamt recht gut bewährt hat.
- Im Internet verschmelzen seit einiger Zeit die Grenzen zwischen Rundfunk und Presse, und nun weiß keiner so recht, wie man mit diesem Phänomen umgehen soll.
Das Problem ist zu einem großen Teil also historischer Natur: Nur weil man nach der Erfindung des Rundfunks bemerkt hatte, dass es sinnvoll ist, Sende-Frequenzen staatlich zu regulieren, haben die ÖR überhaupt diesen großen Vorsprung gegenüber den Privaten aufbauen können. (Dieser wurde inzwischen freilich von den privaten Anbietern aufgeholt.)
Im Printbereich galt es niemals, Frequenzen regulieren zu müssen. Jeder mit entsprechend viel Geld konnte eine Druckerei beauftragen und publizieren. Die Pressefreiheit ist seit Ende des Weltkrieges ein hohes und wichtiges Gut, und niemand wäre auf die Idee gekommen, eine »öffentlich-rechtliche« Presse könnte etwas Sinnvolles sein.
Die heute seltsam anmutende Unterscheidung zwischen Rundfunk- und Printjournalismus ist nun aufgehoben. Alles verschmilzt im Internet zu einer Art Universaljournalismus. Und mir stellt sich prinzipiell die Frage, warum diese Trennung in den Köpfen der Entscheider immer noch so präsent ist! Entweder man lässt ÖR-Journalismus generell zu und fördert ihn mit entsprechenden Gebühren/Steuern, oder man lässt es ganz sein, weil es ja genügend private Angebote gibt. Entweder oder. Das Ausgabemedium (Analogfunk, Digitalfunk, Web, Totes Holz …) ist doch inzwischen – seien wir ehrlich – eher irrelevant geworden.
Ich bin generell schon dafür, den ÖR weiter zu erhalten. Ich würde einiges vermissen, was mir die Privaten einfach nicht bieten wollen oder können. Allerdings stelle ich mehrere Bedingungen:
- Gebührenerhöhungen werden ausschließlich an die Inflation gekoppelt.
- Wenn in Web-Angebote investiert wird, muss das benötigte Budget von anderen Bereichen abgezogen werden. 7 Mrd. Euro im Jahr sollte für eine gute Versorgung auf mehreren Kanälen ausreichend sein.
- Sämtliche Eigenproduktionen müssen auf unbegrenzte Zeit, on demand und kostenlos verfügbar gemacht werden. Für alle neuen Produktionen müssen entsprechende Verträge mit den Rechteinhabern geschlossen werden.
- Die Einschaltquote darf nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Das Kopieren von Unterhaltungsformaten aus dem Privatfernsehen ist Quatsch: Wenn ich GZSZ auf RTL gucken kann, braucht es nicht auch noch Verbotene Liebe im Ersten. Man sollte sich darauf konzentrieren, solche Dinge zu machen, die es im Privatfunk eben nicht gibt!