Es gibt keine guten Wortspiele
15. Mai 2008
Auch wenn ich natürlich kein richtiger Texter bin, so kann ich doch mit einiger Überzeugung sagen, dass es keine guten Wortspiele geben kann. Es wird schwer fallen, dies mathematisch zu beweisen, aber im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeitsrechnung erscheint es mir eindeutig: Seit vielen Jahrzehnten bemüht sich in erster Linie die Kommunikationsbranche (und das, was im weitesten Sinne dazu gehört) um gelungene Wortspiele, und bisher ist mir kein einziges Beispiel bekannt, dass ich wirklich gelungen finde! Wortspiele sind entweder pubertär, provinziell, erzwungen, verkopft oder beliebig, meistens in Kombination.
Es ist egal, ob man mit Doppeldeutigkeiten arbeitet, mit Versatzstücken aus anderen Sprachen, rein typografische Geschichten, Kofferwörter, usw … Irgendwie wirken auf mich alle diese Versuche unsouverän und kindisch.
Wer etwas zu sagen hat, soll sich in einfachen Worten ausdrücken. Wer witzig sein will, kann dies mit überraschenden Text-Bild-Kombinationen machen oder einfach witzige Geschichten erzählen. Wer auf sprachlicher Ebene originell sein will, sollte sich emotionale, einprägsame Worte ausdenken, die vielleicht auch vom Lautklang her eine Aussage treffen. Aber bitte versucht nicht ständig, Wortspiele zu erfinden.
- Das prominenteste aktuelle Beispiel für den ultimativen Griff ins Klo ist sicherlich vorRWEg gehen, was an Katastrophalität eigentlich nicht mehr zu überbieten ist.
- Friseure und Fahrradläden sind keine Vorbilder
- Ich musste (gezwungenermaßen) vor einigen Jahren mal ein kunsthandwerklich und kammermusikalisch genutztes historisches Rathaus mit dem englischen Begriff »art« (Kunst) paaren: »Historisches Rathaus Markt Retzbach« (Meine bisher schlimmste Sünde, die ich eigentlich vertuschen wollte)
- Die Zeit, in der man die Peinlichkeit von Wortspielen mit hoher Geschwindigkeit vertuschen konnte (Ich denke an Heinz Erhardt) ist lange vorbei, weil die MTV-Generation auf schnellere Geschwindigkeit längt angepasst ist und den Täuschungsversuch leicht erkennt.
Ich plädiere an alle Texter: Lasst es einfach sein! Aber wem sage ich das? Meist kommen die brillanten Ideen ja vom lieben Kunden und lassen sich dann kaum noch verhindern. Ach ja, und hört bitte auf, »zum Bleistift« zu sagen, oder den jahrhundertealten Witz zu wiederholen, warum die Schwaben das Handy erfunden haben. Nicht witzig.