Wenn ich groß bin, werde ich …
12. Januar 2009
… Presentation Device Content Author bei Apple Inc.
Oder wie man das wohl nennt. Es muss bei Apple einfach jemanden geben, der die ganze Zeit nichts anderes macht, als Präsentations-Macs mit pseudo-realistischen, aber natürlich komplett ausgedachten Dummy-Daten zu bestücken, damit bei den Apple-Keynotes der Bildschirm nicht so leer aussieht. Ihr kennt das ja: Steve oder Phil starten iPhoto und es lächeln einem fröhliche und perfekt belichtete Menschen entgegen. Mail.app hat eine hübsche Reihe von E-Mails in der Inbox, mit entsprechender gewollter Zufälligkeit. Und so weiter. Dieser Job stellt tolle Herausforderungen und bietet schicke Vorteile:
- Irgendwie muss man ein bisschen so tun, als wären die Nutzer-Accounts wirklich die privaten Accounts von Steve Jobs oder Phil Schiller. Klar, ist natürlich gelogen. Aber gerade im Adressbuch und im Mail.app kann man sich da ein paar Nettigkeiten ausdenken. Allerdings muss man auch darauf achten, dass alle Daten und Uhrzeiten halbwegs hinkommen. Und das ist gar nicht so leicht zu faken, weil man so vieles beachten muss.
- Sichtbare Informationen über Apple als Firma oder den Unternehmens-Alltag müssen absolut vage sein oder halt gelogen: Bekommt Steve Jobs von Phil Schiller wirklich per iChat ein Angebot zum Mittags-Lunch?
- In allen iTunes-ähnlichen Programmen ist genau die richtige Anzahl von Ordnern, Alben usw. angelegt, damit es gut aussieht, und trotzdem noch ein bisschen realistisch bleibt.
- Alle Programme müssen so wenig wie möglich umkonfiguriert werden, denn die von Apple vorgeschlagene Default-Konfiguration ist ja die »richtige«.
- Software genau so benutzen, wie sie gedacht ist. So zum Beispiel in iPhoto alle Möglichkeiten nutzen, Meta-Tags hinzuzufügen. Auch wenn das sonst niemand macht. (250 importierte Bilder manuell benennen und mit Tags versehen? Ich glaube, es hackt!)
- Die auf der Bühne gezeigten Inhalte in Mails, Photos, Texten usw. müssen irgendwie nett und harmlos sein. Familienausflug geht immer! Bunte Einladungen zu irgendwelchen Feiern gehen auch. Aber man muss verdammt aufpassen, dass die Beispiele keine potenzielle Zielgruppe verletzen. Ein Trip nach Paris ist unverfänglich. Aber bereits der Video-Trip nach Afrika ist politisch möglicherweise bedenklich. Zum Glück hat man sich für Botswana entschieden, da sind die Menschenrechte ja soweit intakt, wie man hört.
- Überhaupt, die Foto- und Videoreisen. Ist doch geil: Apple bezahlt mich, dass ich mich mit einer Horde Models und einem Kamerateam auf den Weg nach Paris mache, dort ein paar Tage rumtreibe und ein paar semi-gestellte Gute-Laune-Fotos mache, diese dann sorgfältig mit Meta-Daten versehe und für iPhoto aufbereite. Nicht übel. Oder eben die Video-Safari durch Botswana. Das macht Spaß! (Oder gibt es da doch fertiges Stock-Material, dass sich Apple exklusiv gesichert hat?)
- Bei manchen Programmen muss man vielleicht ganz schön lange nach einem echten Nutzwert suchen. Und nach einem konkreten Anwendungsbeispiel, das zwar einfach verständlich, aber trotzdem nicht komplett unrealistisch ist. Baseball-Teammitglieder als »Numbers«-Spreadsheet? Naja …
Ich glaube, dass der Job der Keynote-Rechner-Bestücker ganz schön anspruchsvoll ist. Denn eines ist klar: Kaum werden irgendwelche logischen Fehler auf den Demo-Maschinen entdeckt, ist das Geschrei der Apple-Nerds groß :-) Und man muss Bildmaterial sichten, dass zwar perfekt ausgeleuchtet und professionell produziert ist, aber gleichzeitig nicht über-stylisch daherkommt, so dass man das Gefühl hat, es könnte ja doch irgendwie selbst gemacht sein.
Es gab ja damals schon die Legende von der allerersten iMovie-Version. Apple hatte angeblich einen firmeninternen Videoschnitt-Wettbewerb veranstaltet, bei dem das Siegervideo dann auf der Keynote gezeigt wurde. Dem glaube ich ja kein Wort.