Webkit gibt’s nicht in der Einzahl
12. Oktober 2009
Wir befinden uns inzwischen mitten in der zweiten Inkarnationsphase dessen, was man »Handy-Browserlandschaft« nennen könnte. Die erste Runde war scheußlich und so anstrengend, dass man darüber eigentlich den Mantel des Schweigens hüllen sollte: Die eingebauten Browser der herkömmlichen Handys konnten eigentlich überhaupt nichts, was über das Einfärben von Schrift und das Darstellen von kleinen Bildchen hinaus geht. Und wenn sie es konnten, gab es dabei dermaßen viele Eigentümlichkeiten und Unterschiedlichkeiten, dass man das visuelle Gestalten für Handybrowser eigentlich gleich ganz vergessen konnte.
Inzwischen ist dank iPhone und Co. eine neue Generation von mobilen Geräten am Start, die sich zwar derzeit noch auf den höherpreisigen Sektor der sogenannten Smartphones beschränkt, aber immerhin eines gemeinsam hat: Eine brauchbare Rendering-Engine als Basis! Im Vergleich zu früher ergibt sich sogar eine absolut paradiesische Situation: Fast alle modernen Smartphone-Browser benutzen im Kern die Webkit-Engine, die man auch auf dem Desktop von Safari, Google Chrome und Konqueror und OmniWeb kennt.
Webkit ist im mobilen Bereich die führende Codebasis für das Darstellen von Web-Inhalten geworden. Der Palm Pre setzt sogar als native UI-Engine des Betriebssytems auf Webkit. Wer hätte das gedacht, als Apple im Jahr 2003 erstmals seinen Turbo-Browser Safari vorstellte, und statt des erwarteten Gecko auf die damals kaum bekannte KHTML-Technologie setzte, die dann unter Apple’s Regie als »Webkit« weiterentwickelt wurde?
Doch so rosig wie das nun klingt, ist die Situation natürlich nicht wirklich: Denn auch Webkit wird ständig weiterentwickelt, ist Open Source, und kann natürlich auch von jedermann geforkt und modifiziert werden. So kommt es, dass im heute existierenden Smartphone-Markt nicht weniger als 10 verschiedene Geschmacksrichtungen von Webkit im Einsatz sind, die alle unterschiedliche Dinge können (und vor allem nicht können). Peter-Paul Koch hat sie alle getestet und stellt bei Quirksmode eine deprimierende Tabelle zur Begutachtung.
Deutlich optimistischer sieht Alex Russell die ganze Sache! Denn im Vergleich zum Betriebssystemmarkt im PC-Bereich ändern sich die Versionen von Handy-Browsern und Handy-Betriebssystemen viel schneller! Das mobile Gerät wird üblicherweise nach zwei Jahren ausgetauscht, und das neue Gerät hat in aller Regel ein frisches OS, eine frische Firmware und vor allem eine frische Version des Browsers am Start. Situationen wie eine acht Jahre alte Internet-Explorer-Version sind in diesem Markt gar nicht denkbar.
Zudem füge ich hinzu, dass Webkit/KHTML bereits 2003 ein anständiges Surfwerkzeug war; Die meisten derzeit in Benutzung befindlichen Webkit-Versionen auf mobilen Geräten sind hingegen aus den Jahren 2008 und 2009 – sich darüber zu beschweren ist Jammern auf hohem Niveau!
Freuen wir uns, dass mit Webkit eine stabile, schnelle und ressourcenschonende Open-Source-Lösung einen neuen Quasi-Standard für den mobilen Bereich darstellt, und sehen wir großzügig über die hier und dort auftretenden Inkompatibilitäten hinweg: Wir sind trotzdem auf dem besten Weg.
(via dem Grubers Johann)