Union

Union - Eine Schrift von Morten Olsen

Wieder einmal eine Schrift, die von der Regierung eines sympathischen Landes in Auftrag gegeben wurde, um seine Einwohner mit kostenlosen Schriften zu beglücken. Das Land ist Dänemark und Nutznießer ist dank Internet die ganze Welt – besonders natürlich die Leser von praegnanz.de.

Als der Schriftdesigner Morten Rostgaard Olsen im Jahre 2003 vom Dänischen Kultusministerium den Auftrag für eine freie Schrift erhielt, hatte er bereits bei FontFont die FF Olsen harausgebracht. Union ist sozusagen eine modifizierte Single-Auskopplung der Olsen und enthält lediglich den Regular- und den Bold-Schnitt, während die »echte« Olsen über sämtliche wichtigen Varianten verfügt. Und eine gute Stange Geld kostet!

Charakteristik

Mit der Union als siebte Schrift der Woche schließt sich der Kreis zum ersten Mal: Nun befindet sich endlich auch auch eine serifenbetonte Antiqua im Portfolio. Und die Union besitzt tatsächlich sehr kräftige Serifen mit eckig abgesetzten und schräg verlaufenden Verbindungen zum Schaft. Sie bilden ein stabiles Fundament, dass diese Schrift fast unverwüstlich macht.

Buchstaben der Union

Das zweite Merkmal ist ihre relativ geringe Dickte, also die Breite der Buchstaben. Die Union ist damit sehr Platz sparend und wirkt automatisch modern, wenn auch mit einer gewissen Behäbigkeit verbunden, die sie zum einen von den kräftigen Serifen erhält, zum anderen von den eindeutig zu fetten Buchstaben und dem geringen Strichstärkenkontrast.

Kostenlos muss nicht gleich schlecht sein!

Die Freie Schrift der Woche wirkt aus diesen Gründen ein bisschen gemütlich bis behäbig. Doch ansonsten gibt es kaum Kritikpunkte: Der Grauwert hält das richtige Maß zwischen Lebendigkeit und Ordnung, und alles in allem ist sie sehr angenehm zu lesen. Also zumindest einen Daumen rauf!

Umfang/Ausbau

Wie bereits oben erwähnt gibt es leider nur den Regular- und einen Bold-Schnitt. Wobei letzterer (zumindest in Kombination mit Regular) noch nicht einmal wirklich zu gebrauchen ist – er ist nämlich nur unwesentlich fetter. Ärgerlich! Aber man will sich schließlich das Geschäft mit der FF Olsen nicht kaputt machen lassen. Dennoch profitiert die Union von ihrer professionellen Herkunft: Alle Umlaute und Sonderzeichen sind dort, wo sie hingehören, das €-Zeichen natürlich auch.

Union regular und bold

Dies ist immer der entscheidende Vorteil von Schriften, die aus Europa kommen, gegenüber ihren amerikanischen Kollegen. Dort vergisst so mancher Freefont-Designer gerne mal die Umlaute und verspielt sich somit eine weitere Verbreitung seiner Werke in Europa. Aber das nur am Rande.

Die Union in der Praxis

Traditionell werden serifenbetonte Schriften gerne in Magazinen verwendet (z. B. Focus). Das könnte man einmal ausprobieren; Für den Lauftext wird die Union allerdings ein wenig zu fett sein. Gänzlich unbedenklich jedoch sind Überschriften und Teaser-Texte.

Hamburgesfonstiv

Außerdem möglich: Korrespondenz; Tausendmal besser als die Arial oder die Times sieht die Union auf jeden Fall aus. Und den gewissen modernen Touch hat sie auch. Das wäre also eine Idee. Aber auch für Plakate und Flyer ist sie gut geeignet. Aufpassen würde ich nur generell bei sehr feinen und leichten Layouts: Der etwas grobe Charakter könnte hier wie ein Typoelefant im Porzellansatz wirken.

Rechtliches

Da die Website des dänischen Kultusministeriums auf, äh, dänisch ist, kann ich leider nichts über die Lizenz und ähnliches schreiben. Es sah jedoch so aus, dass die Schrift deshalb zum Download angeboten wurde, damit man die im gleichen Atemzug verlinkten Webpages über Specialpædagogisk lesen kann. Diese sind nämlich in der Union gesetzt, aus irgendwelchen Gründen.

Downloads

Update

Nun ist gestern (13.11.2004) per eMail eine englische Übersetzung der rechtlichen Bestimmungen ins Haus geflattert. Vielen Dank an Jakob hierfür! Ich übersetze sie weiter ins Deutsche:

Sie [Die Schriften] können frei verwendet werden in Projekten, die mit dem dänischen Kultusministerium zusammenhängen. Für anderweitige Benutzung benötigt man eine seperate Einverständniserklärung. Kontakt:
Morten Rostgaard Olsen
Præstøgade 6, 2. sal tv
2100 København Ø
Phone: +45 3543 1094
Email: mro@mail.tele.dk

Nun, in diesem Falle ist es wohl jedem selber überlassen, in welche Grauzone er sich bei der Benutzung der Union begibt. Ich kann mir aber vorstellen, dass Herr Olsen sich nicht lumpen lassen wird, wenn es tatsächlich nur um kleinere Projekte gehen sollte.