Ãœber Kompetenz und Politik
23. Juni 2009
Was ich derzeit an der politischen Diskussion rund um Vorratsdatenspeicherung, Wahlcomputer, Bundestrojaner und Internetzensur so beängstigend finde, sind gar nicht mal so sehr die konkreten Gesetze und Verordnungen, die jetzt in diesem Themenbereich leider beschlossen werden, sondern etwas viel umfassenderes.
Zum ersten Mal ist ein Thema auf der politischen Tagesbühne, bei dem ich mir eine gewisse Kompetenz zutraue, und bei dem ich gewillt bin, mir die Argumente und Gegenargumente immer und immer wieder anzuhören, um mir meine eigene Meinung zu bilden. Es stellt sich jedoch leider heraus, dass Dinge wie Fachwissen, Verhältnismäßigkeit und Sachdienlichkeit keine so große Rolle spielen wie Emotionalität, Allgemeinplätze und nicht zuletzt parteipolitische Taktikspiele.
Mich erschüttert das deshalb, weil ich nun leider davon ausgehen muss, dass dieses Missverhältnis in anderen Gebieten der Politik ganz genauso funktioniert: Gesundheit, Steuern, Wirtschaft, Sozial- und Außenpolitik. Von diesen Themen habe ich selber nicht genug Ahnung und auch nicht genug Zeit, mich einzulesen. Hier bin auf die Informationen angewiesen, die mich von den diversen Medien erreichen. Und es zeigt sich, dass mich bisher derjenige am meisten beeindruckt hat, der (für mich als Laien) am schlüssigsten und nachvollziehbarsten argumentiert hat.
Leider habe ich gestern nacht auf Phönix erleben müssen, wie ein geübter Rhetoriker mit den falschen Argumenten einen ungeübten Redner so überrollt hat, dass dieser seine besseren Argumente gar nicht vernünftig vortragen konnte. Ich habe das gemerkt, weil ich in diesem Falle die Hintergründe kenne. Doch würde ich es auch merken, wenn es um Steuer- und Gesundheitsreform geht? Eher nicht.
Und noch was politisches habe ich in den letzten Tagen gelernt: Parteipolitische Scheuklappen bringen nichts. Kabarettist Volker Pispers zum Beispiel gestaltet sein Programm fast schon als »Die Linke«-Wahlempfehlung – und ist trotzdem (oder gerade deswegen) grandios