Typografie in Dänemark
13. Juni 2011
Fluch und Segen zugleich: Als typoaffiner Designer kann man niemals aufhören, ständig Schriften zu entdecken, zu erkennen und zu analysieren. Auch im Urlaub nicht. Vor allem nicht, wenn das typografische Milieu, in das man reist, so prägnant und konformistisch daherkommt wie Dänemark.
Der Däne liebt moderne serifenlose oder serifenbetonte Schriften mit einer kubischen Note, offenen Formen und kleinen würzigen Besonderheiten. Es gibt eine Handvoll Fonts, die sich alle recht ähnlich sehen, und die man als Eurostile mit mehr Charakter bezeichnen könnte. Anbei eine kleine Collage mit dänischer Alltags-Typografie:
Der Buchstabe O muss in Dänemark offenbar 4 angedeutete Ecken besitzen, sonst kommt er nicht durch die Ästhetik-Politiet. ;-)
Die einzige richtig dänische Schrift, die ich bisher kannte, war die kostenlose Kontrapunkt. Und diese ist auch der Schlüssel zum Geheimnis. Sie stammt nämlich von der Designagentur Kontrapunkt, welche unter anderem eine ganze Reihe von Schriften und Markenwelten entwickelt, die landesweit von Bedeutung sind: Danske Bank, Danish Railways, Dänische Apotheken …
Sprich: gefühlte 50 % der öffentlichen Typografie in Dänemark stammt von einer einzigen Designagentur. Doch es ist nicht so, dass man sich nicht auch in Deutschland ein bisschen was vom kleinen nordischen Nachbarn abgucken könnte. Wer möchte, sollte mal folgende Schriften ausprobieren:
- FF Max Pro
- PF Beau Sans Pro
- FF Sari und die unvermeidliche FF Dax (von Hans Reichel)
- FP Dancer Pro
- Stainless
- Via für die Dänische Bahn (exklusiv)
- Die kostenlose Kontrapunkt
- … und eigentlich alles von Morten Olsen, dem dänischen Fontdesigner schlechthin. Da gab’s übrigens auch mal eine freie Schrift, die Union.
Solchermaßen ausgerüstet steht einem hyggeligen dänischen Plakat nichts mehr im Weg!
(Danke an Julia für die Hilfe beim Identifizieren und Recherchieren!)