Strom und Stecker im Überblick

Für Elektromobilitäts-Einsteiger und -Interessierte ist die Welt des Charging eine komplizierte Angelegenheit. Ich will versuchen, möglichst übersichtlich und schlank darzulegen, wie das bei aktuellen Elektroautos so funktioniert!

Teil 1: Die Ladegeschwindigkeiten

Klar ist: Je mehr Strom fließt, desto schneller geht das Aufladen. Manch eine Autoherstellerbroschüre verzichtet dabei komplett auf sperrige kW-Bezeichnungen und liefert lediglich Sätze wie „80% voll in 8 Stunden“ oder ähnliches. Was dahinter steckt? Die elektrische Leistung, welche in (Kilo-)Watt angegeben wird. Es gibt – zumindest im deutschen Wechselstromnetz – eine klar abgrenzbare Reihe von Leistungsstufen, die man beim Laden von Elektroautos antrifft – wobei nicht jeder Wagen jede Art von Leistung für das Aufladen nutzen kann.

Die Wechselstrom-Leistungen (AC)

  • 2,3 / 3,7 Kilowatt
    Das ist die reguläre Haushaltssteckdose, die üblicherweise mit 10 oder 16 Ampere abgesichert ist. Das komplette Aufladen eines durchschnittlichen Standardautos mit 150km Reichweite dauert damit real locker 10 bis 14 Stunden.
  • 4,6 / 7,4 Kilowatt
    Ebenfalls ein einphasiger Haushaltsstrom, jedoch ungewöhnlich hoch abgesichert, nämlich mit 20 bzw. 32 Ampere. Diese Art von Anschluss muss im Sicherungskasten gesondert eingerichtet werden. Die Aufladezeit eines Elektroautos verringert sich damit um etwa die Hälfte gegenüber der Standard-Steckdose.
  • 11 Kilowatt
    Das ist das Dreifache von 3,7 Kilowatt. Es handelt sich hier um dreiphasigen Drehstrom mit 16 Ampere, manchmal auch Starkstrom genannt. Man kennt diese Anschlüsse beispielsweise vom Backofen in der Küche, oder in manchen Kellern und Garagen mit blauem CEE-Stecker.
  • 22 Kilowatt
    sind das Maximum, was man sich für ein normales Budget und ohne besonderen Aufwand in den eigenen vier Wänden holen kann – ein dreiphasiger 32-Ampere-Drehstrom mit einem roten CEE-Stecker. Die 22kW sind bei öffentlichen Ladesäulen zu einer Art Standard geworden – zumindest in den letzten zwei bis drei Jahren.
  • 43 Kilowatt
    ist leider ein relativ seltenes Phänomen. Für Privatleute kaum lohnenswert in der Installation, und auch öffentlich rar, gibt es zudem außer der „alten“ Renault ZOE (bis Sommer 2015) derzeit kein Auto, dass von 43 Kilowatt profitiert.

Die Gleichstrom-Leistungen (DC)

Bei Gleichstrom ist man nicht so sehr an die festen Volt- und Ampere-Werte gebunden, welche unsere Infrastruktur vorgibt. Von daher findet man an öffentlichen Ladesäulen so ziemlich alles zwischen 18 und 60 Kilowatt. Für Privatanschlüsse hingegen ist Gleichstrom im Grunde nicht zu bezahlen und daher kaum anzutreffen.

Eine Besonderheit stellen die Tesla-Supercharger dar, die mit bis 120 Kilowatt Gleichstrom ordentlich Energie in die Fahrzeuge pumpen können.

Was man außerdem wissen sollte: Batterien können ausschließlich mit Gleichstrom aufgeladen werden. Sollte ein Auto also mit Wechselstrom geladen werden, so wird dieser im Fahrzeug zunächst in Gleichstrom umgewandelt, bevor er in die Batterie geleitet wird.

Wechselstrom per Ladebox nutzen

Für die Nutzung des Hausstromes genügt es oftmals nicht, einfach das Auto an die Steckdose oder die CEE-Buchse anzuschließen. Und wenn es doch geht, holt man eventuell nicht die optimale Leistung raus. Von daher bietet sich eine sogenannte Ladebox/Wallbox an, welche den Strom passend für das Fahrzeug aufbereitet. Diese Boxen sind gar nicht mal so günstig (zwischen 500 und 1000 Euro), und es gibt sie zum festen Installieren in der Garage, oder als mobile Version zum Mitführen im Kofferraum.

Was hat es mit den 80% auf sich?

In aller Regel scheuen sich die Autohersteller, die gesamte Ladezeit „von 0 auf 100%“ anzugeben. Das hängt damit zusammen, dass die weiter oben besprochenen Kilowatt-Werte jeweils nur die maximal erreichbaren sind – und diese werden ab ca. 80% Ladung recht rapide gedrosselt, um die Batterie zu schonen. So kriegt man mit 43-Kilowatt-Strom die ZOE in einer halben Stunde auf 80% Ladung, doch dann wird es immer langsamer, bis wir bei 95% sogar nur noch reguläre Steckdosengeschwindigkeit erreicht haben. Es kann also trotzdem locker 2 Stunden dauern, bis die ZOE wieder randvoll ist, weswegen man beim Unterwegsladen üblicherweise darauf verzichtet und bereits bei 80% oder 85% weiterfährt.

Teil 2: Steckersysteme

Um das Fahrzeug angeschlossen zu bekommen, benötigt man natürlich die richtige Buchse und den richtigen Stecker! Wir gehen mal davon aus, dass nicht jeder Elektromobilist ein ganzes Arsenal an Adaptern bei sich hat, sondern kümmern uns hier nur um die wichtigsten Steckerarten:

für Wechselstrom

Schuko (Schutzkontakt-Stecker)
für Wechselströme zwischen 2,3 und 3,7 Kilowatt. Für öffentliche Automobil-Ladesäulen eigentlich ein Witz (Hotels vielleicht ausgenommen), da das Aufladen so lange dauert, dass man einen ganzen Tag (oder eine ganze Nacht) verliert.

Typ 2 (Mennekes-Stecker)
Das Standardmodell für den europäischen Markt, unterstützt alle oben angeführten Wechselströme – die Frage ist nur, welche Leistung das Fahrzeug tatsächlich verarbeiten kann. Viele Modelle können trotz Typ-2-Stecker nur 3,7 Kilowatt verarbeiten, was an öffentlichen Ladesäulen, die nach Zeit bezahlt werden – nun ja …

für Gleichstrom

CHAdeMO (Charge de Move)
Der japanische und französische Standard für Gleichstrom-Schnellladungen. Ein ganz schön wuchtiger Stecker, der nicht ganz ungefährlich wirkt.

CCS (Combined Charging System)
Der deutsche Sonderweg, derzeit ausschließlich bei BMW und VW im Einsatz. Technisch im Grunde identisch mit CHAdeMO, jedoch hübscher anzusehen, weil er mit dem Typ2-Wechselstrom-Stecker zusammengefasst wird.

Typ 2 am Supercharger
Tesla-Fahrzeuge können sowohl Wechselstrom als auch Gleichstrom über den gleichen Stecker (in Europa: Typ 2) laden.

Der Triple-Charger

Was öffentliche Ladestationen angeht, findet man von Restaurant-Parkplätzen mit einsamer Schuko-Steckdose bis hin zum überdachten Luxus-Drive-Through so ziemlich alle Qualitätsstufen. Ideal für den modernen Elektromobilisten wäre aber im Grunde immer ein sogenanntes Triple-Charge-System, bestehend aus

  • Typ 2 mit 43 Kilowatt (AC)
  • CHAdeMO mit 50 Kilowatt (DC)
  • CCS mit 50 Kilowatt (DC)

Davon 2 oder 3 nebeneinander mit je zwei Parkplätzen – glücklich ist das Herz des Stromautofahrers!

update 17. April 2017: Ich habe eine kompakte Infografik gebaut, die das alles mal zusammenfasst: