Sollte man seine Kunden mit Live-Previews der Webdesign-Projekte versorgen?
10. Oktober 2007
Diesmal wieder eine schön ausgeglichene Diskussion! Zusammenfassend kann ich sagen, dass die meisten ein »echtes« Livepreview (also quasi das direkte Bearbeiten auf dem Server) ablehnen, aber schon in gewissen Abständen (täglich? wöchentlich? nach einer großen Veränderung?) einen Zwischenstand durchgeben, der unmissverständlich und halbwegs bugfrei sein sollte.
Die besten pro-Antworten
Tilman Schläger
Auf jeden Fall! Nur so kann ein guter Dialog entstehen und man kommt gemeinsam zu einem Ergebnis, dass sowohl den Vorstellungen des Kunden, als auch denen des Entwicklers (den eigenen) entspricht. Außerdem hat man als Entwickler so die Möglichkeit den Kunden aufzuklären und für bestimmte Dinge zu sensibilisieren und kann dann besser auf etwaige auftretende Probleme reagieren.
René Walter
Kann zu nervigen Anrufen führen, ist für den Kunden aber sicherlich sehr transparent. Ja.
Florian Eckerstorfer
Ja. Zumindest ich mache in letzter Zeit gar keine kompletten Screendesigns mehr in Photoshop, sondern gestalte etliche Elemente direkt in HTML. Besonders in Zusammenhang mit Schrift sind die Unterschiede zu groß. Und mit (oft einfachen CSS) Rollover Effekten kann man manche Kunden ziemlich beeindrucken.
Milot Jonathan Mirdita
Ja, denn dann erkennen sie wie viel sich doch während der Zeit an der Seite getan hat und man versteht als Kunde besser wofür man Unmengen an Geld ausgibt.
Sebastian Roming
Die beste Methode ist eigentlich diese, online zu produzieren. Der Kunde hat dann sein Projekt in jeglichem Stadium (ausser natürlich Layouting) im Überblick und kann so direkt und just in Time auf mögliche Fehler und Unklarheiten hinweisen. Der Kunde sollte zu jedem Zeitpunkt und zu jedem Stadium der Produktion Zugriff, und hat so auch den korrekten Produktionsablauf im Griff.
Christian Fischer
Eindeutig ja. Unter der Bedingung, dass man vorher klar abgesprochen hat, welchen Umfang das Angebot hat, und dass er versteht, dass er dort »Work in Progress« sieht – und nicht die laufende Möglichkeit, wieder und wieder Änderungen anzubringen. Live-Previews bieten dem Kunden die Möglichkeit, die für viele doch sehr abstrakte Arbeit des Webdesigners in einem Prozess zu beobachten und zu verstehen – und damit auch zu verstehen, wo das Geld hingeht, was man bezahlt. Außerdem lässt sich so im schlimsten Fall das große Disaster vermeiden, wenn man wider Erwarten in Briefing, Angebot und Auftrag völlig aneinander vorbeigeredet hat.
Stefan Nitzsche
Ja, zu ausgewählten Zeiten es sei denn, der Kunde ist firm im Umgang mit dem Internet, sonst können schwere Darstellungsfehler zu entgeisterten Anrufen führen ;-)
Sasan Seyfi
Wissen, wovon man spricht, ist gut, Sehen ist besser. Wer kauft schon gern die finale Version im Sack? Live-Previews sind in jedem Fall das probate Mittel um sich an das gewünschte Layout heranzustasten, z.B. via Template-Switcher. Außerdem können »Missverständinisse« (siehe 4) auf diese Weise frühzeitig ausgeräumt, etwaige Fehler behoben und Sonderwünsche u.U. berücksichtigt werden.
Die besten contra-Antworten
Oliver Skawronek
Nein. Dafür spricht, dass am Ende nicht die ganze Arbeit über den Haufen geschmissen werden muss, wenn es dem Kunden nicht gefällt.
Meist aber fällt dem Kunden dann aber bei solchen Vorabversionen noch sinnlose Features und Umgestaltungen ein – allein aus dem Grund, etwas sagen zu „müssen“. Ein Statusreport ist aber unverzichtbar á la „Wir haben heute eine geeignete Farbauswahl getroffen“ oder „Morgen wird das Menü fertig“. So weiss er das Nötigste.
André Huf
Nicht mal wenn die sich auskennen. Das ist ja schon in einer Agentur mit Projektmanager Kollegen schwierig, keine Kritik für Trivialitäten zu bekommen. Kaum jemand kann abstrahieren.
Cedric Kastner
Dem stehe ich sehr kritisch gegenüber und das aus gutem Grund: Derzeit arbeite ich auch an mehreren Projekten bei denen der Kunde Live-Zugang zum Entwicklungsserver hat. Zwei Hauptprobleme kommen für mich hierbei zum Vorschein: Zum einen bekommt der Kunde unter Umständen ein falsches Bild des Projekts. Dies kann geschehen wenn man als Entwickler oder Designer mit verschiedenen Möglichkeiten zur Umsetzung arbeitet, etwas ändert, umstellt oder einfach nur einen ungewollten Fehler produziert. Sieht der Kunde dies muss man damit rechnen, dass er früher oder später mal anruft um zu fragen »was da eigentlich los sei«. Zum zweiten sieht der Kunde im Regelfall nur die »Oberfläche«, nicht jedoch was »unter der Haube« geschieht. Wenn ich also neue Selektoren im CSS-Layout anlege, diese im XHTML-Dokument noch nicht verwende, sieht der Kunde zunächst keinen Unterschied. Ebenso bei der Erweiterung von Klassen in der Objektorientierten Programmierung. Ich will es mal »vorbereitende Maßnahmen« nennen die der Kunde unter Umständen nicht sofort erkennt. Ein Preview gehört für mich daher in Präsentationen, Meetings und natürlich in den Projektabschluss – nicht jedoch in die Entwicklungs- bzw. Produktionsphase. Ansonsten besteht durchaus die Möglichkeit eines Reports den man mit dem Kunden vereinbart, zum Beispiel »Herr xxx erhält einmal wöchentlich einen Statusbericht inklusive Screenshot zum Fortschritt des Projekts«. Eine Ausnahme kann man immer mal machen.
Gero Z.
Nein. Was wäre, wenn die Automobilindustrie seine Erlkönige mit dem Aufkleber »Beta« bundesweit auf die Straße lassen würde? Ich halte derartiges Herumgedoktore vor den Augen des angedachten Zielpublikums für blanken Unsinn: Entweder, ich will mit meinem Portal (oder Auto oder Einrichtungsgegenstand oder …) etwas ausdrücken, dann erziele ich das Optimum zusammen mit den Designern und einem begrenzten, internen Testerkreis im Vorfeld des Launches. Oder, ich weiss noch gar nicht, was ich will – dann muss ich die User natürlich auf halber Strecke fragen, was ich tun soll.
Lothar Baier
Das hab ich einmal gemacht. Das mach ich bestimmt nicht wieder. Erst einmal kostet das viel mehr Zeit, die der Kunden natürlich nicht zusätzlich vergüten möchte. Dann fällt ihm ständig was Neues ein, was so nicht abgesprochen war, und ihm auch nicht einfallen würde, wenn er nicht ständig mit dem jeweiligen Fortschritt konfrontiert würde. Und außerdem mag ich auch nicht ständig erklären müssen, warum das jetzt so aussieht wie es gerade aussieht, weil es nämlich noch nicht fertig ist. Eine semantische Auszeichnung als Basis der Gestaltung ist ja was sehr nützliches, aber der Kunde findet es häslich. Und versteht nicht, warum seine Website erst so ausssieht, damit sie hinterher »richtig« aussieht.
ex-venom
Contra. Der Kunde braucht was in der Hand, der kriegt Entwürfe ausgedruckt wo er nochmals was bekritzeln kann, das gibt ihm das Gefühl an seiner Pager selbst mitgewirkt zu haben und ich er nicht übergangen wurde.
Die besten sowohl-als-auch-Antworten
Ben Majerus
Ja. Allerdings nicht zu oft ;)
Je eher man dem Kunden den aktuellen Stand der Dinge zeigt, umso einfacher sind Änderungswünsche des Kunden noch umzusetzen. Wenn man ein Projekt kurz vor der Fertigstellung erst präsentiert, und der Kunde will plötzlich eine horizontale statt vertikale Navigation, fängt man wieder mit umgestalten an, darf neu slicen, neue CSS-Hacks einpflegen und und und. Hat man dem Kunden jedoch schon während der Designphase Screenshots gezeigt, kann man reagieren ohne vieles erneut machen zu müssen.
Zeigt man dem Kunden allerdings zu oft, wie es momentan aussieht, kann es schonmal vorkommen, dass der Kunde immer wieder das Haar in der Suppe findet und zeitraubende Kleinigkeiten geändert haben will, oder mit Ideeen kommt, die nicht sinnvoll sind. Weniger ist mehr!
Martin Zimny
Contra: So wenig wie möglich. Viele Kunden haben weder ein Verständnis für Formen und Farben, noch von den Zusammenhängen im Web. Oft ist es sehr schwer, dem Kunden diese zu vermitteln. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, daß ein Kunde am ehesten den Fähigkeiten und der Erfahrung des Webdesigners traut, wenn er so wenig wie möglich in die Entwicklungsprozesse einbezogen wird. Konfrontiert man ihn erst mit dem fertigen Layout, hat man (nach meiner Erfahrnung) erheblich weniger Arbeit.
Florian Tolk
Nein. Dem Kunden wirkliche Live-Previews zeigen kann schnell zu Unstimmigkeiten führen, wenn etwas nicht wie gewünscht funktioniert; da kann er schnell das Vertrauen verlieren. Andererseits sind Previews ja gerade eine vertraunsbildende Maßnahme.
Der Kompromiss: dem Kunden regelmäßig den Stand demonstrieren – dort sollte man selbst (zumindest telefonisch) dabei sein! So kann man dem Kunden eine fehlerarme Version präsentieren (weil man ja schon vorher von diesem Milestone wusste …. ;)), dem Kunden ganz klar sagen, was schon funktioniert, wo noch nachgebessert wird und wo er noch Inhalte liefern muss und man kann sich gleich bezüglich trotzdem auftredender Fehler profilieren
:)
Dieser Preview sollte dann aber auch bis zum nächsten Milestone verfügbar bleiben! Solche informellen Treffen sollten ziemlich regelmäßig durchs Projekt führen, mindestens einmal im Monat.
Auf diese Art erzeugt man zwar durch´s »Zwischendurch-Debuggen« einen Overhead an Arbeits-Zeit – dafür ist der Kunde glücklich. Positiver Nebeneffekt ist, dass die »Final« weniger Debugging verlangt …
Stephan Schmatz
Unentschieden. Bei manchen Projekten, vor allem bei jenen, bei denen die Kunden selbst viel Arbeitsleistung erbringen müssen, ist es unumgänglich. Andere Projekte sind einfach zu klein und zu schnell abzuwickeln als dass Live-Previews Sinn machen würden.