Senf zum Flashstreit
3. Mai 2010
Ein trefflicher Schlagabtausch, den sich Apple und Adobe derzeit liefern, oder? Viele der Punkte, die Steve Jobs in seinem Anti-Flash-Manifest schreibt, sehe ich selber seit einiger Zeit genauso, andere Dinge sind definitiv ganz schön zurechtgebogen, um die Argumentation zu stützen. Gleiches gilt für die Gegenargumente des Adobe-Chefs Shantanu Narayen. Nur um ein paar Beispiele zu nennen:
- Flash ist kein wirklich offenes Format – die SWF-Specs sind zwar irgendwie öffentlich dokumentiert, aber alternative Implementationen oder Authoring-Tools lassen sich damit noch lange nicht stricken.
- H.264-Videos sind zwar ein Industriestandard, aber eben kein »offener« oder gar »freier« Standard, sondern im Gegenteil sogar eine potenzielle Lizenzbombe.
- Die Performance von Flash auf ARM- und Webkit-basierten Systemen mag derzeit grauenhaft sein, doch das muss ja nicht so bleiben. Wenn Apple wirklich wollte, könnten sie gemeinsam mit Adobe dafür eine Lösung finden.
Ich sehe die Sache eher differenziert: Flash-Elemente auf Websites sind zwar kein Werk des Teufels, aber im Grunde heutzutage fast schon obsolet, da mit modernem JavaScript und den neuen CSS3-Animationen viele der Anwendungsfälle genauso gut hinbekommt (manchmal auch deutlich performanter, auf jeden Fall aber Webstandards-basiert!). Natürlich reagiert der gemeine Profi-Flasher auf solche ketzerischen Aussagen extrem angepisst, aber ich stelle dennoch eine steile These auf: Wenn bestimmte Dinge sich wirklich nur mit Flash realisieren lassen, sollte man überlegen, ob diese Dinge überhaupt so eine gute Idee sind. Visuell hochgradig komplexe Gestaltung hat sich in den letzten 15 Jahren nie so richtig durchgesetzt. Immer noch sind mir die Flash-Enthusiasten den Beweis schuldig, dass es eine reine Flashseite unter die Top 100 der meistgenutzen Websites schafft. Wird nicht passieren. Und die übliche Fotografen-Website mit ein paar Fadings und Horizontal-Scrollings kriegt man mit ein paar Brocken jQuery auch ganz gut hin. Klar gibt es Spezialfälle, wo fantastische Datenvisualisierungen via Flex oder spannende Online-Spielewelten gefragt sind. Und keine Frage: Solche Dinge in Flash zu machen ist zugänglicher und damit »offener« als eine Umsetzung als iPhone-App. Aber ich glaube auf der anderen Seite, dass eine mächtige Authoring-Software wie Flash auch aus den Webstandards-Technologien mehr rausholen kann als bisher üblich ist. Mittelfristig hat man mit SWF also eher schlechte Karten im Web. Aber mal ehrlich: Wer gute Ideen hat und technisch versiert ist, dem ist doch das Exportformat seiner Kreationen egal – er möchte zu möglichst vielen Geräten kompatibel sein, egal mit welcher Technologie.
Ganz anderes Thema ist die iPhone- und iPad-App-Erstellung mit anderen Authoring-Werkzeugen als Xcode von Apple. Auch wenn ich die Argumentation von Apple nachvollziehen kann, denke ich nicht, dass es den Ärger wert ist, den sie sich hier einhandeln. Sollen die Leute doch ihre Cross-Compiler nutzen! Soll Adobe Flash doch iPhone-kompatible Apps ausspucken können! Wenn die Programme am Ende toll sind, hilft das der iPhone-Plattform. Wenn Schrott dabei rauskommt, geht der in den Untiefen des AppStore genauso unter, wie er es verdient hat. Es ist ja nicht so, dass die Benutzung von Xcode automatisch zu großartiger Software führt.
Apple sollte einfach die Endqualität der Software und den Markt entscheiden lassen. Und wenn ein Programm scheiße ist oder nicht funktioniert, dann sind die Anwender schlau genug und schreiben böse Mails an die Entwickler, nicht an Apple. Wenn es Apple um Qualität und Konsistenz ginge, hätte es der Navigon Mobile Navigator niemals auf mein iPhone 3G geschafft. 10 Sekunden Wartezeit pro Tastendruck ist nämlich nicht normal und hat garantiert nichts mit Cross-Compiling zu tun. Also: Wer Flash missbrauchen möchte, um iPhone-Apps zu basteln, soll das tun – aber er soll eben nicht die gleiche API-Qualität und Performance erwarten, die er bei der nativen Entwicklung bekommt. Aber diese Transferleistung bekommen die Entwickler schon hin, da bin ich zuversichtlich.