Responsive Webdesign von Christoph Zillgens

Was für ein Buch! Was für eine Arbeit! Was für ein unerwartet breites Themengebiet! Doch ich will von vorne beginnen.

Im Vorfeld meines Seminars »Responsive Layout« für die Typografische Gesellschaft München war es ein absoluter No-Brainer für mich, das Buch von Christoph Zillgens beim Hanser-Verlag anzufragen, weil es sicherlich den einen oder anderen nützlichen Hinweis und Trick enthalten würde, den ich im Seminar gut gebrauchen könnte. Christoph ist ein geschätzter Webkrauts-Kollege, hat im 2012er-Adventskalender einen sehr feinen Grundlagenartikel zum Thema geschrieben, und eben auch ein brandaktuelles Buch, welches den Themenkomplex sehr umfangreich darstellt.

Denn man kann das Thema »Responsive Webdesign« auf verschiedenen Ebenen betrachten. Für die einen ist es nur eine Ansammlung von Media-Queries und Liquid-Layout-Anweisungen, mittels derer man eine Website fit für das iPhone macht. Für die anderen ist es viel, viel mehr.

Das Buch beginnt im ersten Abschnitt aber zunächst mit dem, was man erwarten würde: Ein starres Beispiellayout wird Schritt für Schritt responsiv gemacht. Das allein passiert auf ca. 50 Seiten, und für viele wäre danach das Buch beendet und man würde sich anderen Dingen zuwenden.

Doch Christoph Zillgens legt jetzt erst so richtig los und erläutert in einem angenehm unaufgeregten, pragmatischen und anti-dogmatischen Stil, dass man die responsive Idee auf noch viel mehr Ebenen betrachten kann als der schlichten Breite des Browserfensters. Es werden Ansätze bei der Projektplanung und der Kundenargumentation besprochen, man erfährt viele neue CSS-Tricks für clevere Layout-Techniken, hat immer einen Blick für die Performance und auch die visuelle Gestaltung. Man merkt, dass Christoph aus der Praxis kommt. Es driftet nie ins Philosophische oder allzu Akademische. Das Motto »Gemacht ist besser als perfekt« nimmt dem Leser die Hemmungen. Und mir gefällt Christophs differenzierte Grundhaltung bei kontroversen Themen wie »Mobile First«.

»Responsive Webdesign« ist mehr als vollständig, ich wüsste kaum einen Aspekt, der nicht kompetent und umfassend beleuchtet wird, außer vielleicht eine klarere Trennung zwischen »echt« responsiven Websites mit gleicher HTML-Codebase und eigenständigen mobilen Versionen wie m.spiegel.de. Hier hätte man noch ein wenig auf die jeweiligen Vor- und Nachteile bei dieser wichtigen Grundsatzentscheidung eingehen können.

Ansonsten bleibt die Kritik, die ich an fast jedem Buch mit über 300 Seiten auszusetzen habe: Es ist zuviel Stoff drin, der das eigentliche Thema nur sanft tangiert. Ich muss nicht zum neunten Mal die »neuen« HTML5-Elemente und Formularfunktionen erklärt bekommen, und die Performance-Tipps sind zwar nett, aber eben auch außerhalb des responsiven Kontext genauso wichtig und gültig.

Wenn man das Werk allerdings kurzerhand als umfassende Bibel des modernen Frontend-Designs betrachtet, stimmt das Bild wieder und macht dann auch richtig glücklich! Ein Buch ganz speziell zu responsiven Themen hätte ich mir etwas handlicher vorgestellt, was aber wirklich eher eine Feststellung als eine echte Kritik sein soll.

Denn Christoph ist ein Fachautor, der in der Lage ist, alle enthaltenen Themengebiete versiert, verständlich – und hochaktuell! – zu erläutern. Absolute Kaufempfehlung!