PV-Autarkie und die Wette auf steigende Strompreise (update)

Mit einer Wärmepumpen-Heizung und einem Elektroauto steigt der Strombedarf im Haushalt auf nie gekannte Höhen. Nur konsequent, wenn man dann einfach selber in die Stromproduktion einsteigt. Das haben wir gemacht – hier ein paar Einblicke.

Wer im Jahr 8.000 kWh Strom verbraucht, muss sich schon ein wenig rechtfertigen, immerhin sind das etwa 200 Euro im Monat, wo andere nur etwa 60 oder 70 Euro für ihren Strom zahlen. Wir bestreiten mit diesen 8.000 kWh jedoch nicht nur Staubsauger, Waschmaschine und Playstation, sondern eben auch Warmwasser, Heizung und 10.000 Autokilometer im Jahr.

Keine Frage, eine Photovoltaik-Anlage musste aufs Dach! Die Planungen dafür sind inzwischen fast zwei Jahre alt, es hat aus diversen extrem nervigen Gründen dann bis zur Inbetriebnahme viel länger gedauert, aber das soll nicht das Thema sein. Vielmehr ein paar technische Infos: Unser Satteldach zieren nun 26 PV-Module mit je 270 W Maximalleistung, macht also insgesamt rund 7 kW. Davon bleiben in der Realität dann knapp 6 kW übrig, wenn die Sonne absolut am Zenit steht, was man hier sehr schön erkennen kann:

Das war am 1. Juli, ein absolut wolkenloser Tag mit knalliger Sonne. Wenn ein paar Wolken vorbeiziehen, sieht das schon etwas krakeliger aus:

Im Juli habe ich bisher durchschnittlich 35 kWh Sonnenenergie pro Tag geerntet. Zunächst wird mit dem Strom natürlich die Hausbatterie vollgemacht, welche 7 kWh Kapazität hat. Wenn diese voll ist, wird der Reststrom ins Netz eingespeist. Sobald es dunkel wird, wird der Spaß umgedreht – die Batterie versorgt das Haus solange mit Strom, bis sie leer ist, und dann beziehe ich den noch notwendigen Strom aus dem Netz. Ein typischer Zyklus sieht also im Hochsommer so aus:

Die roten Verbrauchsspitzen sind der Warmwasser-Herstellung durch die Wärmepumpe zu verdanken. Und dann kommt man auf die Idee, die ZOE an der 22-kW-Wallbox aufzuladen:

Wie man sieht, packt das interne System die 22 kW bei weitem nicht – die Hausbatterie kann den angeforderten Strom gar nicht schnell genug hergeben, es muss noch massiv aus dem Netz Strom bezogen werden. Diese Situation wird sich mit dem neuen Auto dann entspannen – der Hyundai Ioniq lädt mit maximal 7 kW an der Wallbox, das kann dann im Hochsommer zur Mittagszeit von Sonne und Hausbatterie wohl gut geleistet werden, der Beweis steht aber noch aus.

Die finanzielle Situation

Was kostet jetzt so ein Spaß? Und rechnet sich das? Nun, das werden wir sehen. Wir haben uns für ein Flatrate-Modell unseres lokalen Stromanbieters entschieden, welches eine Laufzeit von zwanzig Jahren hat. Wir zahlen einmalig die Anschaffung der PV-Module und der Hausbatterie, und eine monatliche Pauschale (deutlich unter 50 Euro) für die Stromversorgung. Damit ist alles abgegolten – egal, wieviel wir einspeisen oder aus dem Netz beziehen. Nur der Gesamtverbrauch von 8.000 kWh dürfte sich nicht zu deutlich ändern, es gibt aber einen Toleranzbereich.

Der Clou für mich: Planungssicherheit für die nächsten 20 Jahre, denn die monatliche Pauschale ist fix. Der Clou für den Versorger: Er kriegt meinen gesamten Reststrom für lau. Das führt dazu, dass es in seinem eigenen Interesse ist, dass die Anlage läuft und ordentlich PV-Strom generiert. Defekte Module werden ausgetauscht und ggf. sogar gesäubert, denn jede kWh, die ich mehr produziere aber nicht selber verbrauche, geht an den Versorger.

Die Anlage rechnet sich nach 7 bis 14 Jahren finanziell – abhängig davon, wie sich der Preis für Strom auf dem Markt entwickelt. Denn was ich hier mache, ist eine Verabschiedung vom verbrauchsabhängigen Strompreis. Je teurer der Strom für euch wird, desto besser für mich und meine Amortisierung. Ein ganz schöner Perspektivwechsel!

Der Autarkiegrad

Ach ja, für die Nachkriegsgeneration ist ja die Autarkie so wahnsinnig wichtig. Für mich eigentlich nicht, aber sei’s drum: Mir wurde ein Autarkiegrad von irgendwie 50 % errechnet. Das heißt allerdings im Wesentlichen, dass ich im trüben Herbst und Winter mit ständig laufender Heizung beinahe den gesamten Strom aus dem Netz beziehen werde (wie bisher auch), und im knalligen Sommer wie aktuell leicht auf 98 % Autarkie komme (ausgenommen an Tagen, wo ich den Wagen auflade). Insgesamt kein wichtiger Punkt für mich. Echte Autarkie hat man meines Erachtens nur mit wesentlich (wesentlich!) größeren Strom- oder Wärmespeichern, oder halt mit Dieselgeneratoren. Aber wo bekommt man den Diesel her? Eine andere Geschichte, fürchte ich.

Update 7.8.2018

Auf Wunsch der Kommentarsektion hier ein paar technische Details, obwohl ich nicht zuviel dazu weiß, da das gesamte System als Komplettpaket im Rundum-Sorglos-Modus verkauft wurde.

  • Die Hausbatterie ist eine "S10":https://www.e3dc.com/produkte/s10-e/ von E3DC mit derzeit 7 kWh Kapazität – das üppige Gehäuse würde aber noch ein paar mehr Batteriezellen aufnehmen.
  • Für die S10 gibt’s theoretisch auch eine Autarkie-Schaltung als Erweiterung, mit der man sich entweder manuell oder bei einem Stromausfall auch automatisch vom Netz abkoppeln kann – dies wurde jedoch vom Stromversorger nicht dazubestellt :-(
  • Ebenso als Zubehör gäbe es von E3DC eine passende Wallbox, die intelligent in der S10 angesteuert werden kann, so dass sie nur unter bestimmten Voraussetzungen den Wagen lädt. Leider ist so eine Steuerung mit Fremd-Wallboxen nicht möglich, so dass ich da nicht von profitiere.
  • Die PV-Module auf dem Dach sind von S-Energy, 26 Stück mit je 270 W, mehr weiß ich darüber nicht.