Plazes – der virtuelle, non-virtuelle Freundefinder
21. September 2004
Bereits vor einigen Wochen ist Plazes als Betatest gestartet, eine ziemlich clevere Community-Plattform, die jedoch ein wenig erklärungsbedürftig ist. Leider sind die Erklärungen in der FAQ zunächst nicht besonders erleuchtend, so dass ich nun versuchen werde, hier ein wenig Klarheit zu schaffen.
Grundsätzliches
Die Grundidee von Plazes ist der von Instant Messaging-Diensten wie ICQ, AIM oder Jabber gar nicht so unähnlich. Man sieht, wer gerade online ist, mit wem man folglich chatten könnte. Plazes fügt jedoch dieser rein virtuellen Anwesenheitsliste eine geophysische Komponente hinzu: Man sieht auch, wo die Leute gerade online sind. Außerdem ist man nicht auf Freunde beschränkt, die man in seiner Kontaktliste hat. Man sieht – wenn man möchte – alle Plazes-Mitglieder, die sich gerade im Umkreis von 2km, 5km usw. aufhalten und online sind.
Wie funktioniert das?
Wie kann man wohl herausfinden, wo jemand online ist? Erste Möglichkeit: Die User loggen sich bei Plazes ein und wählen manuell ihren aktuellen physischen Standort. Langweilig. Außerdem leben wir ja in einer mobilen Gesellschaft, wo jeder ständig mit seinem Notebook unterwegs ist und sich in diversen WLAN Cafés die Zeit vertreibt. Deswegen läuft das so nicht.
Möglichkeit Nr. 2: Jeder Plazes-Benutzer bekommt bei der kostenlosen Anmeldung noch ein GPS Steckmodul, welches permanent die Position an den Plazes-Server sendet. Quatsch, wäre ein wenig teuer! So ist es also auch nicht.
Dritte Möglichkeit: Jeder Netzwerkrouter, an dem sich jemand ins Netz einwählt, besitzt eine weltweit eindeutige Hardware-Kennung (MAC Adresse). Dieser Router bildet einen sogenannten »Plaze«. Loggt sich jemand nun über diesen Router ein und aktiviert Plazes, so kann das System erkennen, welcher Router das ist. Natürlich ist noch nichts darüber bekannt, wo in der physischen Welt dieser Router sich befindet. Doch das erledigen schon die Plazes-Nutzer. Derjenige, der sich nämlich als erster über einen noch unbekannten Router einwählt, darf dem System übermitteln, wo dieser sich befindet, mit Land, Stadt und Adresse (auch Fotos vom Standort und Stories sind willkommen). Plazes ist nun so schlau, automatisch die Längen- und Breitengrade zu ermitteln, und schon kann man die Position aller User genau festlegen, die sich gerade über diesen Router bei Plazes angemeldet haben. Zusätzlich dazu stellt Plazes automatisch fest, welche anderen Orte sich in der unmittelbaren Nähe befinden und wer dort gerade online ist. So wird eine Art Radar möglich.
Die Praxis
Noch ist das alles ein bisschen theoretisch, denn es gibt zurzeit noch viel zu wenig Nutzer von Plazes, so dass fast nie jemand in meiner Nähe online ist. Gestern abend habe ich jedoch zufälligerweise einmal diese Situation gehabt:
Eigentlich ist es so gedacht, dass man virtuell sehen kann, wer gerade physisch in Reichweite ist, um dann entweder virtuell oder physisch mit diesen Leuten in Kontakt treten kann. Wo genau das letzten Endes hinführen kann, ist noch weitestgehend offen. Doch ich finde es eine spannende Idee, die leider nicht so richtig in Gang kommen will. Eigentlich logisch: Erst ab einer gewissen Menge von Nutzern (Kritische Masse), kann man von einem echten Plazes-Erlebnis sprechen. Wenn, wie jetzt gerade, lediglich 56 User weltweit online sind, bringt das nicht besonders viel.
Die Plattform
Plazes ist grundsätzlich webbasiert, läuft also in einem Browser nach Wahl ab. Zusätzlich muss jedoch bekanntermaßen die MAC-Adresse des Routers ans System gemeldet werden. Das geschieht mit einem kleinen Zusatzprogramm (Launcher), welches für Windows, Linux und MacOS X erhältlich ist. Für Letzteres hat Martin Pittenauer, bekannt durch SubEthaEdit, eine besonders schlanke Menüleistenapplikation geschrieben:
Fazit
Plazes ist eine soziale Netzwerkplattform mit Bezug zur physischen Welt. Es ist in dieser Form einzigartig, wird von zwei Entwicklern aus Köln betrieben (Felix Petersen und Stefan Kellner), und sieht bereits jetzt ziemlich vielversprechend aus. Vermutlich kann man noch nicht wirklich sagen, wieviel Potenzial in Plazes steckt, weil einfach die Anzahl der User noch nicht groß genug ist. Aus diesem Grunde habe ich diese kleine Einführung geschrieben, um mehr Leute zu mobilisieren, sich bei Plazes einzuloggen. Es kostet fast keine Systemressourcen und ist selbstverständlich kostenlos. Und warten wir nicht irgendwie alle auf eine AIM-Nachricht von der süßen Blondine, die vorhin im Café auf der anderen Straßenseite ihr iBook hochgeklappt hat? Eben.