Mein Problem mit diesen Kreisen
8. Juli 2011
Für ein Generallob oder eine Generalabrechnung zu Google+ ist es meines Erachtens noch einige Monate zu früh. Aber ich muss kurz einen Aspekt besprechen, der mein Hirn derzeit durchknotet: Wie schaffe ich mir ein adäquates mentales Modell für die Kreise in Google+?
Alles klar – es sind Personengruppen, an die ich gezielt etwas richten kann, oder denen ich gezielt lauschen kann. Doch so ganz einfach ist es auch wieder nicht. Denn es sind nicht etwa die gleichen Personen, denen ich zuhöre wie die, an die ich Nachrichten sende – auch wenn man das meinen möchte.
In der Praxis sieht es aber so aus, dass ich Personen ungefragt einem meiner Kreise hinzufügen kann, ohne dass dieser etwas dagegen tun kann. Ja, diese Person muss ja nicht einmal Mitglied bei Google+ sein. Somit wird es bei mir kaum einen Kreis geben, in dem alle enthaltenen Personen mir auch tatsächlich zuhören. Extrembeispiel ist mein Kreis »Familie« – derzeit besteht dieser aus 5 Personen. Wenn ich auf die Idee käme, eine Nachricht an meine »Familie« zu richten, würde dies nicht eine einzige Person bemerken, weil niemand aus meiner Familie bei Google+ angemeldet ist, und das wird sich auch so schnell nicht ändern.
Oder ein anderes Szenario: Nehmen wir an, ich bin ein kleiner und unauffälliger Google+-Benutzer, der sich aber gerne von den »Stars« der Webwelt inspirieren lässt. Also packt er sich einen Kreis »Web-Promis« zusammen, und steckt dort von Lobo und Sixtus über Johnny und ix bis hin zum Knüwer alle siebzehneinhalb deutschen Web-Dampfplauderer hinein. Auf diesem Kanal wird er jede Menge interessantes Zeug lesen können, doch wenn er selber sein Wort an diese Gemeinde richtet, wird es keinen Effekt haben.
Mit einem Satz: Die Kreise in Google+ suggerieren gefühlsmäßig eine Art Club, oder zumindest eine feste Gruppe, in der man sich kennt und über Themen austauschen kann. Doch dieses mentale Modell ist falsch: Kreise sind einseitig und spielen nur auf meiner eigenen Seite der Verbindung eine Rolle. Sie sind ebenso asynchron wie das Followersystem von Twitter, nur dass es sich nicht so anfühlt.
Wenn ich beim Google+-Posten eine Gruppe auswähle, fühlt es sich an wie eine Gruppenmail an einen bestimmten Teil meiner Freunde. Und alle, die nicht darauf reagieren, haben mich bösartigerweise geblockt. Meine Erwartung (Das müssten doch jetzt alle aus dem Kreis gelesen haben!) wird enttäuscht, auch wenn mein Hirn das natürlich theoretisch verstanden hat.
Diese Verkomplizierung ist meines Erachtens unnatürlich und wird es Google+ schwer machen, im Mainstream gut aufgenommen zu werden, wo das simple ja/nein-Prinzip nicht ohne Grund erfolreich gewesen ist. Freund oder Nicht Freund – einfacher und simpler kann man’s nicht machen. Google’s Kreisgeschichte ist eine nette Reißbrettnummer mit ungewissem Massen-Appeal. Schaun wir mal, ob sich mein Gehirn dergestalt umprogrammieren lässt!