Jean Michel Jarre in Bamberg

Am Freitag war ich in Bamberg und habe mir Jean Michel Jarre angesehen – insgesamt das dritte seiner Konzerte, was ich bisher besucht habe (1997, 2008 und 2010). Wer mit dem Namen nichts anfangen kann: JMJ ist gewissermaßen das emotionale Gegenstück zu Kraftwerk, also ein Pionier der elektronischen Popmusik, aber ohne den ganzen intellektuellen Nerd-Anspruch, dafür eher sinnlich und teilweise bombastisch.

Die jetzige World Tour 2010 ist inhaltlich nicht an irgendein spezielles Jarre-Album gekoppelt, so dass man das bekam, was man auch erwarten konnte, und weswegen man auch immer wieder hingeht: Das beste von 1977 bis 1997, also Oxygene, Equinoxe, Magnetic Fields und Chronology, wobei der Schwerpunkt ganz klar bei den alten Sachen lag – zum Glück!

Die Bühnenshow war gewohnt großartig und sehr schön auf die Songs abgestimmt: Eine Menge Laser und Strahler und schön reduzierte Bespielung der riesigen Hintergrund-Leinwand. Mit relativ einfachen Grundzutaten wurde hier jeder Song auf ganz individuelle Weise in Szene gesetzt, was immer sehr gut funktioniert hat – wobei ich viele Visualisierungen schon von der 30-Jahre-Oxygene-Tour her kannte, da wurde dann doch eine Menge Zeug recycelt, was aber nicht schlimm ist.

Klanglich muss man leider sagen, dass hier ganz schön gepfuscht wurde, was unglaublich schade ist. Grundsätzlich gesehen waren alle Voraussetzungen für ein gigantisches Klangerlebnis vorhanden: Satte Bässe, keine zu schrillen Höhen, ordentlich Druck in der Ablage. Doch die Live-Mischer haben leider an vielen Stellen menschlich versagt: Teilweise waren Begleit-Rhythmen und Bässe so laut, dass man die Hauptmelodie der Songs nicht mehr gehört hatte, dann waren die Effekt-Trigger von Jean-Michel scheinbar kaputt, aber in Wirklichkeit nur zu leise ausgesteuert, und das Theremin war ganz offensichtlich komplett kaputtkalibriert, denn so unsauber und hilflos hat Jean-Michel damit noch nie agiert.

Extrem schade, weil ansonsten musikalisch eigentlich alles gestimmt hat: Nach der obligatorischen zehnminütigen Flächensoundsuppe steigerte sich die Geschwindigkeit und Intensität der Songs immer weiter und kühlte sich zwischendrin nur kurzfristig ab – über zwei Stunden ohne Pause im Klang- und Lichtermeer, bombastisch und dann wieder experimentell-geisteskrank, aber immer mit hoher Energie vorgetragen, ließ man sich doch unglaublich mitreißen vom 61-jährigen Jean Michel Jarre, der wie ein ausgelassener 35-jähriger Partystimmung verbreitete, die aufgrund der Sitzplatzbestuhlung erst im letzten Drittel des Konzerts so richtig aufkommen wollte. Nicht jeder weiß, wie man sich auf einem JMJ-Konzert zu benehmen hat, denn am Ende ist »Party« doch die bessere Wahl als nur anerkennendes Kopfnicken …

Ich war auf jeden Fall sehr geflasht und happy, und hoffe auf ein baldiges Wiedersehen, diesmal bitte Open Air und noch ein paar Nummern größer, wie es ja Tradition hat bei JMJ.

Beobachtung am Rande: Sympatischerweise darf auf JMJ-Konzerten gefilmt werden, was ca. 15 Leute im vorderen Bereich auch dazu genutzt haben, das gesamte Konzert mitzuschneiden. Ist schon okay, aber will man wirklich zwei Stunden den Arm hochhalten und sich auf Nicht-Wackeln konzentrieren? Genuss ist was anderes.