Gedanken zu 10 Jahren Textpattern

Es war mein erstes CMS, und bis heute läuft praegnanz.de darauf: Das blogzentrierte CMS namens Textpattern. Offenbar wurde vor 10 Jahren die erste Version veröffentlicht, was mich dazu anregt, ein wenig zu schwelgen!

Textpattern kam fast zeitgleich mit seinem schärfsten Konkurrenten WordPress auf den Markt, und beide Systeme hatten etwas für sich. Bei WordPress war es der Baukastenansatz mit Themes und Plugins, bei Textpattern waren es der Minimalismus und das elegante, XML-ähnliche Templating-System. WordPress hat das Rennen ganz klar gewonnen, von Textpattern spricht heute kein Mensch mehr. Es hat sich auch seit 2008 nicht mehr maßgeblich weiterentwickelt – denn es ist einfach ein bescheidenes Blogsystem geblieben, während WordPress zu einem Baukasten für jede Art von Website geworden ist.

Früher dachte ich, dass Textpattern einfach nur eine Schnittstelle für einfach zu installierende, fertige Themes benötigt hätte, so wie WordPress eben. Doch heute weiß ich, dass das gar nicht beabsichtigt war, und dass das auch gut so war. Dazu muss ich ein wenig ausholen.

Erst gestern las ich einen lesenswerten Forumsbeitrag des ProcessWire-Machers Ryan Cramer, indem er sich gegen zuviel Fertigbauteile und scheinbare Nutzerfreundlichkeit in professionellen CMSen ausspricht.

Beitrag gelesen? Gut.

Textpattern hat mehrere Nachfolger im Geiste. Zum Beispiel MODx 1.x, welches das Konzept des entwicklerfreundlichen CMS auf komplexere, hierarchische Websites übertrug. Und jetzt natürlich Kirby und ProcessWire, welche in die gleiche Kerbe schlagen, aber noch einmal deutlich moderner angelegt sind und nicht zu einem Monster mutiert sind wie MODX in der Version 2.x.

Was diese vier Systeme (Textpattern, MODx, Kirby und ProcessWire) verbindet, ist ihre klare Absage an fertige Themes, fertigten HTML-Code, fertige Plugins. Sie machen es der erfahrenen Webdesignerin leicht, ihre Ideen ohne Frontend-Kompromisse in produktive Websites umzusetzen, aber sie ermöglichen es eben nicht einem Laien, sich ohne Vorkenntnisse ein paar Bauklötze zusammenzustecken, die dann notdürftig mit ein bisschen Farbe an die ursprüngliche Idee angeglichen werden.

Mit den Worten von Ryan: WordPress verkauft fertige Fischbrötchen, während Textpattern und seine Nachfolger einem das Angeln beibringen und einen großen See zur Verfügung stellen.

Dieses Grundprinzip hat sich seit 10 Jahren nicht verändert, und deshalb: Lasst uns darauf anstoßen, dass wir unsere Websites stets im Griff haben!

(Und gleich mal das Jubiläumsrelease 4.5.7 installieren, was – wie immer – nur marginale Mini-Verbesserungen anbietet. Wie seit vielen, vielen Jahren :-) Aber die Tätigkeit des Bloggens hat sich ja seitdem auch nicht wirklich weiterentwickelt, wenn ich das richtig beobachte.)