FH-Mainz-Website als gläserne Datenbank
3. April 2006
Vor etwa zwei Jahren habe ich mir eine Zeitlang ernsthaft überlegt, ob ich mir nicht als Diplomprojekt die Website der FH Mainz zur Brust nehmen sollte und einen Relaunch hinlege, der sich gewaschen hat. Nach einigem Hin- und Her-Überlegen verwarf ich diesen Gedanken allerdings wieder. Es würde wohl auf 90 Prozent Organisation, Abstimmungsarbeit und Streitereien hinauslaufen, die eigentliche Konzeption, Gestaltung und Umsetzung ist bei sowas ja meist der kleinste Teil.
Nun entdecke ich heute zufällig, dass die FH Mainz nun tatsächlich endlich wirklich eine neue Website hat. Oder zumindest etwas ähnliches. Denn was sich die Jungs da ausgedacht haben, ist tatsächlich radikal in der Idee und pragmatisch in der Umsetzung. So ganz weiß ich noch nicht, was ich davon halten soll, aber vielleicht dauert hier ein Urteil einfach ein wenig länger.
Exkurs: Jede CMS-unterstützte Seite basiert auf einzelnen, gleich gewichteten, nicht-hierarchisch strukturierten Artikeln in einer Datenbank. Im Frontend wird diese Datenbankstruktur üblicherweise möglichst sorgsam verdeckt – es gibt einzelne Seiten, die Artikelauflistungen oder Einzelartikel enthalten, die eine festgelegte hierarchische Struktur haben, verschiedene Seiten-Layout, eventuell ein Farbcode für die Hauptbereiche. All das, was so ein Frontend-Design eben ausmacht.
Die FH Mainz verzichtet da jetzt drauf. Die Website besteht im Wesentlichen aus einem Filtermechanismus für Datenbankabfragen. Der Hauptinhalt der Seite ist stets eine Artikelauflistung, die mit verschiedenen Werkzeugen gefiltert und sortiert werden kann. Gläserne Datenbank wird dies genannt. Um einen einmal gefundenen Artikel zu speichern, kann man sich eines Warenkorb-Tools bedienen, um diesen in eine Liste von häufig genutzten Artikeln hinzuzufügen.
Irgendwie ist diese Vorgehensweise eine konsequente Antwort auf die Probleme der alten FH-Website – denn die war so unglaublich verworren und schlecht strukturiert, dass man bei der Suche nach den Semesterterminen jedes Mal aufs Neue entnervt aufgeben musste und einfach per Google suchte, wo man dann letztlich auch fündig wurde.
Ich werde die Radikalität der neuen Website mal ein bisschen auf mich einwirken lassen. Vielleicht ist es genial, vielleicht auch einfach scheiße und nutzerunfreundlich. Auf jeden Fall nicht zweckdienlich ist die gestaltungsverweigernde Grundhaltung, einige handfeste handwerkliche Webdesign-Fehler, sowie der komplette Verzicht auf jede Form von entgegenkommender Nutzerführung in Form von vertrauten Design-Elementen, die dem Surfer Halt geben. Klar, manchmal muss man neue Wege beschreiten, aber ob es der richtige Weg ist, einem normalen Website-Besucher all die Navigations-Werkzeuge wegzunehmen, die er von allen anderen Websites kennt? Ich weiß nicht.
fh-mainz.de ist nun eine Konzeptwebsite. Ein riesiges Experiment, das auch nach hinten losgehen kann. Dann nämlich, wenn der User endgültig gar nichts mehr findet und die Lust verliert. Ich glaube, ich mag das Ding nicht. Es kommuniziert nicht. Es ist wirklich eine gläserne Datenbank. Man hätte auch die Passwörter für phpMyAdmin verteilen können, das wäre ähnlich spaßig. Ein bisschen Design, Spaß und menschliche Kommunikation sollten bei jeder Website dabei sein, sonst fühlt man sich sehr allein gelassen in der riesigen Datenbank.