Die Geschichte meiner Bewerbung

Eigentlich wollte ich mich ja nur für einen Studienplatz in Multimedia-Design bewerben. »Das wird nicht leicht«, sagten mir alle meine Freunde – und sollten Recht behalten. Denn was ich alles anstellen musste, um einen Studienplatz zu ergattern, ähnelte – verglichen mit anderen Fächern – einer Odyssee.

1. Teil: Die Unterlagen (Dezember 1999)

Ich habe einfach mal blauäugig darauf vertraut, dass die Universitäten und FHs heutzutage modern genug sind und ihre eMail-Fächer regelmäßig abfragen. Also suchte ich mir aus dem grünen Ausbildungs-Register die WWW-Adressen der in Frage kommenden Schulen heraus (25 an der Zahl). Über die Web-Sites kam ich an die eMail-Adressen heran. Und nachdem ich eine Anforderung für Informationsmaterial an alle diese Schulen geschickt hatte, hieß es abwarten. Und tatsächlich: Die deutschen Schulen sind doch relativ modern ausgestattet: Ich erhielt innerhalb der nächsten zwei Wochen 24 Briefe mit Infos und Anmeldeformularen für das Wintersemester 2000. Es waren 5 Universitäten und 19 FHs, die die Studiengänge Kommunikationsdesign, Medien-Design oder vergleichbare Richtungen anbieten. Nach eingehender Betrachtung kristallisierten sich 5 FHs heraus, bei denen sich eine Bewerbung – meiner Meinung nach – lohnen würden: Offenbach, Karlsruhe, Mainz, Kiel und Hannover.

2. Teil: Die Mappe (Frühjahr 2000)

Es wurde mir schnell klar, dass in einem gar künstlerischen Fach wie Design (welcher Art auch immer) eine künstlerische Eignungsprüfung offensichtlich obligatorisch ist. Sie besteht aus zwei Teilen: Bewerbungsmappe und praktische Prüfung vor Ort. Doch wie sollte so eine Mappe wohl aussehen? Den Unterlagen nach ist das völlig egal, man sollte eben eine künstlerische Befähigung feststellen können. Doch irgendwie kam mir das spanisch vor: Dauernd war von »Originalarbeiten« die Rede, davon dass keine Arbeit größer als DIN A1 sein darf (Hilfe!?). Ich wollte mich doch eigentlich mit dem bewerben, was ich später auch im Beruf machen werde: Computerarbeiten! Web-Seiten, Photoshop-Kompositionen und so weiter ... Nun gut, das habe ich dann auch ganz frech gemacht! Die Mappe bestand aus 13 Arbeiten, inkl. einer CD-ROM. Von dieser feschen Mappe ließ ich fünf Exemplare aus meinem Drucker (bzw. Brenner) und scherte mich um keinerlei Konventionen. Keine Zeichnungen, keine Malereien. Dafür digital bearbeitete Fotos und jede Menge Internet-Seiten: Ich habe einfach das eingereicht, was ich so mache, ohne mich zu verstellen. Tja, und das hat dann eigentlich auch ganz gut geklappt: Bei zwei von fünf FHs bin ich zur Aufnahmeprüfung eingeladen worden, was eine ganz gute Quote ist, wie ich finde. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass meine Mappe in der Tat ziemlich exotisch war: Die anderen Prüflinge zeigten mir Mappen, die ausschließlich aus Zeichnungen, Collagen, Aquarellen und Fotografien bestanden.

3. Teil: Die Prüfung in Kiel (27. – 29.6.2000)

Eine Fahrt in den hohen Norden musste ich auf mich nehmen, um an der Aufnahmeprüfung für Kommunikationsdesign in Kiel teilzunehmen. Das sind von Würzburg aus übrigens ziemlich genau 600 Kilometer. Bereits im Vorfeld wurde klar, dass die Muthesius-Hochschule in Kiel eine sehr kleine und persönliche Schule ist. Die Prüfung war mit allem drum herum super organisiert, und zwar von den Erstsemestern. Sie kümmerten sich geradezu rührend um uns Prüflinge, organisierten Schlafplätze, bereiteten uns ein Brunch für die Pausen zwischen den einzelnen Prüfungen und waren nette Ansprechpartner. Eine so freundschaftliche Atmosphäre hätte ich nicht erwartet. Die Themen waren an sich auch ganz okay:

  • freies Zeichnen: Acht Zeichnungen zum Thema »Mensch-Kugel-Mensch«.
  • Kommunikationsdesign: 12 Logos aus den Grundformen Kreis, Quadrat und Dreieck (je 4).
  • Fotografie: Freie Collage zum Thema »Hand und Auge«.

Das nahm die ersten zwei Tage in Anspruch. Es folgte am dritten Tag das Colloquium, ein nettes Gespräch mit den Lehrern der einzelnen Fachbereiche. Das war aber schneller rum, als man gucken konnte, und einige Tage später erhielt ich den Bescheid, dass ich die Prüfung bestanden hatte!

4. Teil: Die Prüfung in Mainz (3. + 4.7.2000)

Wesentlich näher an Würzburg, die FH größer und unpersönlicher, keine so netten Erstsemester und kaum Gelegenheit, seine Mitbewerber kennen zu lernen. Doch der wichtigste Eindruck war, dass die Studienrichtung ziemlich genau das ist, was ich mir erträumt hatte: »Mediendesign«. Und auch die Prüfungsaufgaben haben viel Spaß gemacht:

  • freies Zeichnen: Machen Sie einen Knoten in einen 40 cm langen Papierstreifen und zeichnen Sie ihn. Verwenden Sie verfremdende Elemente in Ihrer Zeichnung.
  • Film/Schnitt: Zwölf Einstellungen eines Storyboards mit dem Titel »Ampelüberquerung«
  • Typografie: Arrangement eines 6-zeiligen Textes auf 8 DIN A5-Seiten mittels verschieden großen Ausdrucken des besagten Textes.
  • Text: 30-sekündiger Radiowerbespot, ein Lucky-Strike Werbeslogan, ein Spruch zu einem Cartoon.

Das Colloquium fehlte und mit der Benachrichtigung über Versagen oder Triumph ließ man sich fünf Wochen Zeit. Ärgerlich. Dennoch habe ich auch hier bestanden, wie schön!

5. Teil: Die Entscheidung (Juli 2000)

Auch wenn es in Kiel noch so nett und menschlich war: Es ist auch verdammt weit weg und superkalt! Und das sind doch ziemlich wichtige Argumente, wenn man mal pragmatisch denkt. Außerdem ist die Studienrichtung in Mainz (Mediendesign) doch noch eine Spur cooler und moderner als Kommunikationsdesign. Wie dem auch sei, meine Entscheidung ist gefallen: Mainz wird meine Stadt sein. Leider erst ab dem Sommersemster 2001, da ich vorher noch ein mindestens 8-wöchiges Praktikum zu absolvieren habe, für das ich mich gerade am Bewerben bin. Mal sehen, bei welcher Mainzer Firma ich ab Oktober/November Kaffee kochen darf!