Deutschland sucht den Superstar
16. Februar 2007
Ja, ich gucke mir das an. Regelmäßig. Das kommt schon fast einem Geständnis gleich – vielleicht zurecht? Nun, nicht unbedingt. Natürlich könnte ich jetzt sagen, bla-bla, professionelle Marktbeobachtung, bla-bla, wissen, was die Menschen bewegt, bla-bla, investigative Untersuchungen …
Nö, ich find’s einfach unglaublich unterhaltsam!
Natürlich weiß ich, wie es da so zugeht und dass es für RTL nicht etwa um einen Gesangswettbewerb geht, sondern um eine als Gesangswettbewerb getarnte Doku-Soup mit authentischen Laiendarstellern, echten Tränen, gefälschten Ergebnissen, übertrieben pathetisch zusammengestöpselten MAZen und einer Dauerpräsenz im eigenen Kanal, die nur noch auf den Sack geht.
Aber wenn man sich mal das ganze Schmierentheater, die skrupellosen Kameras, den nervtötenden Off-Sprecher, die brutalst gekürzten Songs und den dauergrinsenden Moderatoren-Fatzke wegdenkt (Ich weiß, das fällt schwer), dann bleiben immer noch gut aussehende, junge Menschen übrig, die live singen, von einer Live-Band begleitet werden und sich mächtig ins Zeug legen. Das macht Spaß zuzugucken, denn ich sehe gerne junge Menschen live singen, gerade wenn es bei einigen noch ein wenig knarzt und wackelt. Und ich mag zum größten Teil auch die Musik, die präsentiert wird. Oder ich mag zumindest die Art, wie sie von der Band gespielt wird – da stößt mir so eine Bohlen-Catterfield-Nummer gar nicht mal so übel auf wie sonst im Radio.
Die Jury dieser Staffel geht in Ordnung – denn Lukaseder, Bohlen und Henn sprechen meist exakt das aus, was ich auch gedacht hatte, wenn auch Dieter Bohlen oftmals den Unterschied nicht kennt zwischen »Töne nicht treffen« und »farblos interpretieren«.
Die Massencastings und Recalls sind ja eher das humoristische Vorgeplänkel, da nicht live gesendet, und – wie oben angedeutet – völlig übertrieben emotional zusammengeschnitten. Interessant wurde es dann in den Top-20-Shows, wo nun bei der zweiten Runde der Jungs vermutlich zum ersten Mal die Redaktion oder die Produzenten eingegriffen haben – denn die ausgesiebten Kandidaten entsprachen definitiv nicht den schlechtesten Performances. Dabei wäre es so einfach gewesen: Von 8 Jungs durften 5 weiter. Drei haben schlecht gesungen, deutlich schlechter als der Rest. Doch nur einer der »Verkacker« (Zitat einer Kandidatin) wurde auch tatsächlich rausgewählt – eine klare taktische Entscheidung. Denn mit zweien der Underperformern ließen sich schlicht viel bessere Geschichten für Teenies erzählen (Musikalische Bruderliebe & Blaue Augen).
Ob nun Taktik oder Horden von fanatischen SMS-Teenys ohne geschultes Gehör: Schade, dass es hier nicht nur um die Musik geht, wie ich es am liebsten hätte. Abgesehen davon kann man nur hoffen, dass Mark Medlock mit seiner genialen Stimme lange dabei bleibt, denn bei seiner Interpretation von »Ain’t no sunshine« war ich gestern für kurze zwei Minuten wirklich ehrlich gerührt und selig. Unter anderem, weil ich den Song so liebe, aber auch weil Mark es einfach unfassbar drauf hat.
Um meinen Kommentatoren zuvorzukommen: Natürlich weiß ich, dass das künstlich aus dem Boden gestampfte DSDS-News-Blog heute das BILDBlog an PageImpressions abgehängt hat. Das ist okay, weil saisonal bedingt. Ich find’s auch locker, dass der Macher keinen Hehl draus macht, dass alles nur Taktik ist. Würde RTL auch mal gut zu Gesicht stehen. Die behaupten immer noch, alles wäre notariell beglaubigt und den Kram. Leute, werdet mal erwachsen! Das ist privates Unterhaltungsfernsehen, da wird nichts dem Zufall überlassen!
Nachtrag am 18.2.: Interessanter Kommentar von Daniel, in dem er schreibt, dass wohl eine technische Manipulation der Voting-Ergebnisse nicht stattfindet, weil dies in den Lizenzbedingungen des eingekauften Show-Formates eindeutig untersagt ist. Spannende Geschichte! Ich ziehe damit meine Behauptung zurück, dass alles von vorne bis hinten durchgeskriptet ist, möchte aber nichtsdestotrotz darauf hinweisen, dass man auch mit der Art und Weise, wie man die Kandidatenportraits konzipiert und aufbereitet, eine gewisse Wirkung bei einem gewissen Publikum erzielen kann. Das ist zwar ein subtiler, aber nicht zu unterschätzender Faktor, wenn man mich fragt.