Der Unterwegs-Mythos
2. November 2010
Lange Zeit ging ich relativ fest davon aus, dass der Desktop-Computer nur ein Relikt aus vergangener Zeit sei. Ich benutze seit acht Jahren ausschließlich Notebook-Rechner von Apple. Erst ein 15-Zoll-Powerbook, dann das legendäre »Spendenbook« – das weiße 13-Zoll-MacBook der ersten Generation – und seit über zwei Jahren das 13-Zoll-Alu-MacBook, welches eigentlich MacBook Pro heißen müsste, wenn Apple sich damals nicht so mit den Produktlinien verzettelt hätte.
Mitte nächsten Jahres steht also wieder mal eine Neuanschaffung ins Haus, denn wer will schon länger als drei Jahre die gleiche Hardware benutzen? Und dieses Mal bin ich tatsächlich versucht, mir einen iMac 27 Zoll mit SSD zuzulegen, und dafür im mobilen Bereich etwas abzurüsten. Ganz entschieden habe ich mich zwar noch nicht, aber vieles drängt in diese Richtung.
Was hat sich verändert? Der größte Faktor ist sicherlich die Tatsache, dass ich Privatleben und Arbeit noch stärker trennen möchte. Der iMac stünde zum Arbeiten im Büro, während ich zu Hause ganz andere Dinge mit einem Computer machen möchte. Hauptsächlich im Internet lesen, TV-Serien gucken und ein bisschen Online-Shopping. Dass dafür das iPad wie gemacht erscheint, ist sicher kein Zufall. Es genügt mir für 90% der Tätigkeiten, die ich zuhause erledige. Und die anderen 10% haben dann eben noch bis morgen Zeit. Das iPad ist im abendlich-häuslichen Alltag stressfreier, kommunikativer und angenehm einschränkend. »Fokussiert« könnte man auch sagen.
Nachdem nun also Arbeitsplatz und Heimsphäre bestens versorgt sind, bleibt noch die Frage nach dem »unterwegs arbeiten«. Und ob es sich dabei nicht um einen Mythos handelt. Wenn man es recht bedenkt, kann ich die Situationen, bei denen ich in den letzten Jahren wirklich gewinnbringend im ICE oder Hotelzimmer am Notebook gearbeitet habe, an zwei Händen abzählen. Meistens beschränkt sich die Unterwegs-Nutzung dann doch auf die Dinge, die ich mit iPhone oder iPad genauso gut, wenn nicht sogar besser, hätte erledigen können.
Der gewichtigste Faktor, der meines Erachtens noch immer ein eigenes Notebook rechtfertigen könnte, sind Vorträge oder Seminare, die man eben manchmal doch ganz gern halten möchte. Wenn ich Anfang nächsten Jahres in Zürich meinen dreitägigen HTML-Kurs anbiete, brauche ich dafür selbstredend ein vollständiges Notebook mit einem ordentlichen Arbeits-Betriebssystem. Und natürlich ist mir klar, dass hierfür das neue MacBook Air sowas von in Frage kommt. Nur mal Hand aufs Herz: Das ist selbst mir ein bisschen zuviel der Dekadenz! Zwei Szenarien wären nämlich denkbar:
1.) Ich habe das Air ständig bei mir, weil es so hübsch klein und leicht ist. Dann gerät es aber zuhause in Konflikt mit dem iPad und würde die selbstgezogene Grenze zwischen privat und geschäftlich wieder verschwimmen lassen.
2.) Ich lasse das Air im Büro und benutze es ausschließlich auf Dienstreise. Dann käme es kaum mehr als viermal im Jahr zum Einsatz, was ich für eine gigantische Verschwendung halte.
Um mal auf dem Teppich zu bleiben: Mein jetziges Arbeitstier, das Alu-MacBook, ist ja immer noch voll funktionstüchtig und würde sich auch gut als reiner Unterwegs-Rechner eignen. Es wäre auch nicht schade drum, wenn ich es nicht mehr obligatorisch dabei habe, weil es ja in den letzten Jahren seine Schuldigkeit als Hauptarbeitstier getan hat. Dennoch bleibt die Frage, ob ich es nicht doch einfach verkaufe, um mir einen noch schnelleren iMac mit noch mehr SSD-Speicher kaufen zu können. Und einfach meinen Computer-Fuhrpark ein wenig zu entschlacken. Dann würde ich für die wenigen Male, wo ein Unterwegs-Rechner unverzichtbar ist, auf das alte weiße MacBook zurückgreifen, welches derzeit als Medienserver zuhause seine Dienste noch ganz ordentlich tut.
Vielleicht ist das die Lösung: Arbeits- und Heimsphäre deutlich mit sehr unterschiedlichen Gerätekategorien abgrenzen, und den seltenen Unterwegs-Anwendungsfall mit einem etwas älteren Notebook-Rechner bestreiten.
Ich geb euch dann Bescheid, wenn mein Alu-MacBook zum Verkauf steht! Wenn ich mich nicht doch noch anders entscheide …