»Der Bote« von Michael Stumpf
18. Juli 2008
Zwei Premieren, das trifft sich gut: zum einen ist Der Bote der erste Roman meines Freundes und Ex-Bandkollegen Michael Stumpf, zum anderen ist dies die erste belletristische Literaturkritik, die ich hier verfasse. Für einen Blogger wie mich ist es ja unverständlich, was einen Menschen dazu treibt, mehr als vier Absätze Text zu verfassen – Romanautoren müssen seltsame Vögel sein! Das Gegenteil kann ich über Michael behaupten, und es ist wirklich wahnsinnig interessant, einen Roman zu lesen, wenn man den Autor gut kennt.
Die Story von »Der Bote« ist in der nahen Zukunft angesiedelt und lässt eine Menge an spannenden Momenten vermuten: Es geht um ein gut gehütetes, sakrales Geheimnis, von dem der Fortbestand der Christenheit abhängt. Diese ist massiv bedroht, und zwar von der fiktiven »Arabischen Allianz«, die sich im Jahre 2020 anschickt, ganz Europa zu erobern.
Der Ich-Erzähler weiß davon zunächst nichts, weil er mit Gedächtnisverlust in einem mazedonischen Militärkrankenhaus aufwacht und noch nicht einmal sagen kann, wie er heißt, geschweige denn, ob er Christ oder Moslem ist. Nach der Flucht begegnet er seinem Wegbegleiter, dem abenteuerlustigen und entschlossenen Priester Sasha. Gemeinsam machen sie sich auf einen wagemutigen Trip durch den gesamten Balkan bis hin nach Moskau. Dabei entfaltet sich Stück für Stück, wie sehr der Ich-Erzähler in ein großes Geheimnis der orthodoxen Kirche verwickelt ist …
Klingt teilweise vertraut, denn tatsächlich finden sich viele Stilelemente aus Dan Browns Illuminati und Sakrileg wieder – allerdings mit weniger pathetischem Erklär-Ansatz. Der Roman ist trotz des scheinbar explosiven Themas weit weniger politisch, als man meinen könnte. Vielmehr geht es im Groben um eine niemals langweilige, zeitlich gut inszenierte Reise durch Osteuropa – mit einigen historischen Bezügen an realen Orten, aber niemals mit erhobenem Zeigefinger. Es bleibt ein lockerer Unterhaltungsroman, ein Roadmovie zum Lesen, mit je einer Prise Krieg, Freundschaft, Spiritualität und Menschlichkeit.
Trotz der für einen Erstlingsroman wirklich tollen Leistung gibt es ein paar Dinge, die mich beim Lesen gestört haben, und das ist die handwerkliche Qualität des Textes. Ein professionelles Lektorat hätte dem Roman nämlich gut zu Gesicht gestanden: Zu viele falsch gesetzte Kommata sowie einige sehr umgangssprachliche Ausdrücke in der wörtlichen Rede stechen besonders hervor. Das mag für viele eine Kleinigkeit sein – und ist es eigentlich auch. Aber vielleicht gerade weil das Buch sonst so clever und kurzweilig gemacht ist, sollte es sich meines Erachtens auch mit den Qualitätsstandards der etablierten Verlage messen können.
Wobei wir beim Stichwort sind: Michael Stumpf beschreitet einen ungewöhnlichen dritten Weg neben den beiden Möglichkeiten »Regulärer Verlag« und »Print On Demand«: Er hat einfach selber einen Verlag. gegründet und ließ bei der Druckerei buchwerft.de einige hundert Exemplare drucken, die er nun auf eigene Faust vertreibt. Ich wünsche unserem Michi viel Erfolg mit dem »Boten« und allen weiteren Publikationen aus dem »Freien Verlag«!