Arial geht, Segoe kommt (update)

Die Süddeutsche schreibt’s, Prof Voelker verbreitet es in seinem Typo-Kurs, Nick erzählt es mir soeben: Die Tage der Arial sind gezählt. Das erfolgreichste Helvetica-Plagiat der Welt, Superstar von WordArt- und CorelDRAW-Layouts, Lauftextschrift in Milliarden von Geschäfts- und Privatbriefen. Doch leider hässlich wie die Nacht. Und eben ein dreistes Plagiat. Hier der Vergleich Helvetica vs. Arial:

Arial versus Helvetica

Und der Diebstahl geht weiter! Nachdem Microsoft die Arial (1989) von der Helvetica (1957) abgeguckt hat, geht das ganze fünfzehn Jahre später wieder los. Die neue Superschrift von Windows Longhorn, dem ewig verspäteten neuen Microsoft-Betriebssystem, soll die sogenannte »Segoe« (2003) sein. Und die sieht, wie berichtet wird, genauso aus wie Adrian Frutigers Frutiger (1976). Was an sich nicht schlecht wäre, denn die Frutiger ist einfach genial. Dennoch wäre das natürlich ein Plagiat. Und außerdem wird es wieder hässliche Abweichungen geben, wetten?

Hallo Microsoft! Euer Geld stinkt doch auch schon zum Himmel! Wieso nicht mal eine Schrift ordentlich lizensieren statt nachbauen? Es wäre toll für die computerschreibende Menscheit, einmal eine richtige Schrift zu verwenden! Und Linotype macht Euch sicher einen guten Einzelpreis für eine 200-Millionener Lizenz. Außerdem würde ich dann mehr T-Shirts verkaufen!

/publiziert am 5. Mai 2004.

update 21. Dezember 2005:
Linotype, seines Zeichens »Source Of The Originals« will nun gerichtlich gegen Microsoft vorgehen. vor Gericht Einspruch gegen Microsoft erheben. Die Anzeichen verdichten sich nämlich, dass die Segoe in der Tat eine Kopie der Frutiger NEXT ist – allein beweisen kann man dies (noch) nicht. Dazu würde man die digitalen Quelldaten benötigen, die Microsoft natürlich nicht rausrückt. Anlass für Linotype ist nicht etwa die frappierende Ähnlichkeit der Schriften (Schriftformen als solche sind ja bekanntlich nicht schützbar), sondern Microsofts Bestreben, die Segoe tatsächlich patentieren zu lassen. Paradox, aber wahr. Der Redmonder Sofwarekonzern will sich sein offensichtliches Fontplagiat allerdings nicht als »Schrift« patentieren lassen, sondern als »Software«. Alles ganz schön verwirrend, aber die Details hat abermals die Süddeutsche Zeitung zusammengefasst. Unbedingt lesen!

Mir bleibt dazu eigentlich nur das zu wiederholen, was ich vor über eineinhalb Jahren bereits geschrieben habe: Microsoft sollte einfach eine Lizenzzahlung an Linotype tätigen, dann wäre Ruhe im Karton und die Firma hätte sich ein wenig gutes Karma gesichert. Dass es doch ganz gut geht, beweisen die anderen Systemfonts von Windows Vista. Die mit dem C. Hier wurden eigens bekannte Schriftgestalter angeheuert und haben sechs sehr schöne und brauchbare Fonts abgeliefert, mit denen wir noch viel Freude haben werden.

update 3. April 2006: Microsoft unterliegt im Plagiatsstreit und die Segoe darf nicht von MS als Geschmacksmuster eingetragen werden, da ihre Formen identisch zu denen der FrutigerNEXT sind.