GEMA/GVL und Podcasting – kein Beginn einer wunderbaren Freundschaft

Auf Telepolis (einem Magazin, in dem stets interessante Dinge stehen, das ich aber irgendwie trotzdem leider nicht regelmäßig lese) gibt es einen Artikel von Christian Spließ, in dem er einen großen Teil der Musikrechteproblematik in Bezug auf Podcasting wunderbar zusammenfasst. Es ist ein ausführlicher Artikel, denn es ist ein komplexes Thema. Dennoch ergeht nach langer Zeit mal wieder ein Lesebefehl an Euch!

Es ist schon wirklich zum Kopfschütteln, wenn man sieht, wie vor allem hierzulande die historisch gewachsenen, verkrusteten bürokratischen Strukturen nicht in der Lage sind, sich auf technische und somit kulturpolitische Veränderungen des Netzes einzustellen. GEMA und GVL sind doch eigentlich Dienstleister, die sich der aktuellen Lage des Marktes anpassen und somit der Realität des Internet ins Auge sehen müssten. Die sollten auch eigentlich die ersten sein, die die Idee einer ordentlichen Podcasting-Lizenz auf den Tisch bringen, denn nur so können sie in Zukunft ihre eigene Existenz sichern. Stumpfes Ignorieren (GVL, ich gucke in deine Richtung) hilft keinem.

Statt dessen werden die Künstler und ihre zaghaften Versuche zur Selbstvermarktung komplett unterdrückt: Wer es als junger Künstler wagt, seine Songs mit einer CC-Lizenz zu versehen und sie kostenlos zu Promo-Zwecken über das Netz verteilt, darf offenbar (laut TP-Artikel) nie wieder Mitglied der GEMA werden, falls seine Promo-Maßnahmen gefruchtet haben, na danke! Das war mir neu – bisher wusste ich nur, dass alle meine bisherigen Veröffentlichungen rückwirkend ins GEMA-Repertoire aufgenommen werden, wenn ich denn irgendwann mal Mitglied werden sollte.

Es kann nicht sein, dass ich mir als junger Musiker einen Decknamen zulegen muss, um die Menschen mit meiner Musik zu beglücken, ohne mir den Weg in die GEMA zu versperren. Prinzipiell ist die GEMA nämlich nichts Böses – sie sorgt dafür, dass die Komponisten und Texter Geld dafür bekommen, wenn ihre Werke öffentlich aufgeführt werden. Radiosender machen eine Menge Geld mit dem Spielen von Songs, also sollen sie davon ein wneig an die Künstler abgeben. Völlig okay, das. Aber zurück zum Thema.

Als ich früher Musik gemacht habe, wusste ich überhaupt nicht, was die GEMA oder die GVL ist. Wir haben einfach coole Pop-Songs aufgenommen und sie ins Netz gestellt, uns über 3000 Downloads und einen 10-DM-Scheck von mp3.com gefreut und niemals den Gedanken daran verschwendet, dass ich das gar nicht hätte machen dürfen, wenn ich nun doch eine professionelle Musikerkarriere anstreben wollte.

Was wir eigentlich brauchen, ist eine Konkurrenzfirma zu GEMA und GVL (schließlich sind das keine staatlichen Organisationen). Dieses Unternehmen hätte einen wesentlich flexibleren rechtlichen Ansatz und bessere IT-Infrastruktur, so dass ein Podcaster sich beim Konzipieren seiner Show nur 10 Minuten hinsetzen muss, aus der Datenbank die gespielten Songs auswählen, sich das Entgelt berechnen lassen und dann per PayPal oder Rechnung begleichen. Abhängig von der Hörerzahl kann man dann gemäßigte Preise verlangen, so dass ein kleiner Privatpodcaster mit 500 Hörern nicht mehr als 1 Euro pro Song bezahlen muss. Nur so ein grober Vorschlag von meiner Seite, die Details interessieren jetzt nicht.

Diese Firma müsste darüber hinaus weltweit agieren, denn sowohl das Netz als auch die Musik kennen keine Ländergrenzen. Im Prinzip befindet man sich beim Podcast Music Network schon auf dem richtigen Weg. Aber man braucht natürlich vernünftige Preise (die von den Künstlern mitbestimmt werden sollen), eine bessere Website (dringend), und natürlich den universellen Ansatz, damit auch herkömmliche Radios und TV-Stationen sich bedienen können – natürlich nicht, ohne zu löhnen, und zwar deutlich mehr als ’nen Euro pro Song.

Das Tolle daran wäre, dass durch die vollelektronische Erfassung der Playlists die Künstler ganz exakt entlohnt werden könnten, ohne die nervigen Streuverluste, die dann entstehen, wenn große Radiostationen sich das Recht rausnehmen, Pauschalbeträge an die GEMA zu zahlen.

Das sind alles nur ein paar Gedanken aus der hohlen Hand formuliert, aber eins ist sicher: GEMA und GVL brauchen nicht nur eine Generalüberholung, sondern eine komplette Neuausrichtung, sonst steht ihre Existenzberechtigung in einigen Jahren auf dem Spiel. Nicht in fünf Jahren, aber vielleicht in 12 oder 15 Jahren.

Wie gut, dass ich Ende November eventuell die Gelegenheit haben werden, kurz mit dem guten Dr. Pappi von der GEMA zu reden. Mehr dazu, wie immer, hier im Blog – wenn die Zeit reif ist!