Fünf Argumente gegen die Webzensur

Leider merke ich selbst in einigen Gesprächen, dass bei den »Netz-Laien« ein überwiegend falsches Bild vorherrscht, was Kinderpornographie im Internet angeht. Ich zweifele nicht daran, dass ein Großteil der Bevölkerung die neuen Sperren gutheißt, denn »irgendetwas gegen Kinderpornographie« zu machen, muss ja gut und richtig sein. (Und wer gegen die Sperren ist, macht sich automatisch unbeliebt.) Bei Netzpolitik findet sich heute eine sehr gute Argumentationshilfe. Und dies sind die zusammengefassten Essenzen, die ich allen auf den Weg geben möchte:

1. Kinderpornos finden nicht im öffentlichen Web statt

Man kann nicht »eben mal« danach googlen oder »zufällig« über solche Inhalte stolpern. Bei Kinderpornos sind sich sowohl Täter/Verbreiter als auch Konsumenten darüber klar, dass sie illegal handeln. Der Tausch des Materials geschieht unter der Hand über Mailinglisten, Usenet, DVD-Versand oder über geschützte Bereiche im Web. Sonst würde man es den Ermittlern ja auch sehr leicht machen.

2. Es gibt keinen Kinderporno-Massenmarkt

Es gibt leider oft Verwechslungen mit legaler Erwachsenen-Pornographie, die hier überhaupt nicht zur Diskussion steht (und die natürlich ein milliardenschwerer Massenmarkt ist). Kinderpornos werden in geschlossenen Kreisen getauscht, wobei nicht sonderlich viel Geld fließt, da dies nicht die Hauptmotivation der Täter/Verbeiter ist.

3. Das Internet ist auch jetzt schon kein rechtsfreier Raum

Natürlich ist es schon jetzt möglich, in Zusammenarbeit mit den Hosting-Providern verbotene Inhalte aus dem Web zu tilgen und die Verbreiter zu bestrafen. Das ist auch gut so! Wenn die Server im Ausland stehen, muss man eben den bürokratischen Aufwand betreiben, mit diesen Ländern zu kommunizieren. Ganz normale internationale Polizeiarbeit, die getan werden muss und die in keinerlei Zusammenhang mit den DNS-Sperren für Laien steht. Aber sie kostet natürlich Geld.

4. Die Sperre ist de facto wirkungslos

Wer gezielt nach Kinderpornos sucht, hat auch genügend Erfahrung im Internet, um seinen DNS-Server auszutauschen, dafür muss man bekanntermaßen kein Profi sein. »Zufallsbegegnungen« mit Kinderpornographie halte ich für sehr, sehr unwahrscheinlich. Außerdem ist die Sperre nur im WWW effektiv – Usenet, E-Mail und FTP sind davon unberührt und können weiterhin für illegale Inhalte genutzt werden.

5. Infrastruktur für Sperren begünstigt »echte« Zensur

Man sieht es beispielsweise bei der LKW-Maut und der Vorratsdatenspeicherung: Sobald eine Datenkontrolle oder speicherung für einen bestimmten Bereich eingerichtet ist, weckt dies Begehrlichkeiten bei anderen Interessensvertretern, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Musik- und Filmindustrie die Web-Zensurliste mitgestalten möchte. Und natürlich auch der Zugang zu unbequemen politischen Inhalten ließe sich erschweren (wenn auch nicht verhindern, siehe 4).

Fazit

Es ist das alte Lied: Statt die vorhandenen Gesetze und Infrastrukturen effektiv zu nutzen und hier mehr Geld und Personal reinzustecken, werden neue Absprachen und Gesetze beschlossen (teils aus Unwissenheit, teils aus Aktionismus), die wenig kosten und den Wahlsieg sichern sollen, auch wenn sie keinerlei Effekt haben. Wenn etwas eindeutig verboten ist, kann es »richtig« strafrechtlich verfolgt werden, auch im Internet!