Erste Eindrücke vom WePad

Bei den Netbooknews gibt es zwei Videos des sagenumwobenen WePads, welches eine Art deutsches iPad mit dem Segen der Zeitschriftenverlage werden will (aber offiziell natürlich niemalsnicht mit dem iPad konkurrieren will). Naja.

Die Videos zeigen eine Live-Demonstration des Gerätes vor ausgewählten Journalisten, und ist aus vielerlei Hinsicht interessant. Zum einen die Art der Präsentation: Hier wird eher im Freundeskreis ein wenig rumgezeigt, mit einem halbfertigen, handgestrickten Prototypen, mit hässlichen Netz-Kabeln an der Seite und der mehrfachen Beteuerung, dass der Touchscreen noch ein wenig unpräzise sei. Ist diese Art der Credibility nun besser oder schlechter als die perfekt durchchoreografierten Apple-Gottesdienste? Ich weiß es nicht …

Zum anderen natürlich die Software. Und hierbei bin ich immer wieder verblüfft, wie wenig die übrige Branche in den letzten drei Jahren iPhone eigentlich gelernt hat über das Konzipieren von Touchgeräten. Dass es wichtig ist, die Komplexität zu reduzieren; Das WePad kommt hingegen mit visuell überfrachteten Daumenleisten. Dass das Gerät superschnell und präzise auf Toucheingaben reagieren muss, weil sonst das mentale Modell im Kopf des User diese unbequeme Abstraktion machen muss, welche kleine Verzögerungen als technisches Problem identifiziert und anerkennt; Das WePad hingegen leistet sich offenbar viele Ruckler und reagiert nicht immer flüssig. Was das Ressourcenmanament angeht, macht man erneut den Fehler und überlässt dem User die Bürde, dafür zu sorgen, dass nicht zuviele Programme gleichzeitig laufen und Strom saugen. Wenn wirklich permanent irgendwelche Banner und Apps im Hintergrund zappeln dürfen, will ich gar nicht wissen, wieviele Stunden (oder Minuten?) das WePad ohne Stromzufuhr durchhält.

Und wie habe ich mir das vorzustellen mit OpenOffice? Soll ich die winzigen 16×16-Pixel-Icons wirklich mit meinem Finger treffen?

Die Herstellerfirma Neofonie hat zwar offenbar ein technisch funktionierendes Gerät gebaut, doch bisher erkenne ich nicht, dass die besonderen Begebenheiten, die die Nutzungssituation eines Touch-Gerätes ausmachen, ausreichend in die Konzeption des Betriebssystems eingeflossen sind. Einfach die Standardversion von OpenOffice draufklatschen und zeigen, »dass es geht«, genügt nicht – das musste Microsoft in den letzten 10 Jahren Tablet-Desaster schmerzvoll erfahren.

Damit ich das WePad ernstnehmen kann, muss eine radikale Vereinfachung und Optimierung stattfinden. Weglassen, Fokussieren, Vereinfachen, Usabilitytesten, dann nochmal weglassen und immer an die Batterielaufzeit denken!

Wenn das WePad einfach nur ein Linux-Notebook ohne Hardwaretastatur bleibt, nehme ich doch lieber ein Linux-Notebook mit Hardwaretastatur.

Nachtrag: Es soll nicht der Einruck erweckt werden, das WePad habe gar kein Bedienkonzept. Im Gegenteil: Ich begrüße durchaus die originäre Idee der Zwei-Daumen-Bedienung, und dass man quasi eine bevorzugte Haltung des Gerätes vorgibt. Auch das Widget-Raster ist nicht von Grund auf schlecht – nur muss man die vorhandenen UI-Ideen stärker herausarbeiten und den visuellen Störfunk drumherum eliminieren. Beispielsweise ist es unnötig, eine verkleinerte Übersicht des Homescreens in den scrollfähigen rechten Daumenbereich zu legen. Würde schon mal helfen.