Dieser Webfontday in München

Was für eine ausgesprochen nette Veranstaltung! Ich bin es ja inzwischen ein wenig gewöhnt, auf Konferenzen zu sprechen – meistens über Gestaltung im Webdesign – und habe dabei auch meistens meine Freude, und wenn es nur damit zusammenhängt, dass man als Referent kostenlosen Eintritt und die Zugfahrt gewährt bekommt. Bei der Typografischen Gesellschaft München hingegen fühlte ich mich bereits am Vorabend ein bisschen wie Teil einer großen Schriftfamilie, wenn dieser billige Wortwitz hier erlaubt sei.

Die Referenten und Veranstalter kamen Freitag abend zusammen und lernten sich gegenseitig, sowie die Räumlichkeiten der Konferenz kennen. Dazu gab es exzellentes Essen in verschiedenen Gängen und Räumen (jaja), so dass man sich sehr schnell in einer Plauderei mit Ralf Herrmann, Peter Bilak, Gerard Unger und Erik von Blokland wiederfand. Hätte ich mir 2001 als kleiner Designstudent auch nicht träumen lassen. Das sind Helden, meine werten Freunde!

Es war nach langer Zeit auch endlich mal wieder eine designzentrierte Veranstaltung, die (leider?) eher selten bei mir sind – meist bin ich bei Barcamps und Webmontagen einer der ganz Wenigen mit theoretischer, typografischer Fachbildung. Diesmal alles anders: 250 schriftbegeisterte Teilnehmer, die den aktuellen Status Quo in Sachen Webfonts erfahren wollten.

Tim Ahrens

(Foto: tgm)

Und ich denke, das Soll wurde gut erfüllt. Natürlich gab es bessere und schlechtere Vorträge. Niemand braucht Sales Pitches und gelangweilte Worthülsen, aber es gab auch einige Highlight! Allen voran natürlich Tim Ahrens. Mit seiner sympatisch-zurückhaltenen Art (ganz anders als ich) zeigte er uns geballte Kompetenz, indem er sehr detailliert die Sache mit den Subpixeln erläutete, aber auch – und hier wird es interessant – genau zeigte, wie das mit dem Hinting und den Instructions wirklich funktioniert. So toll hat das bisher niemand erklärt, und ich hoffe, dass es seine Präsentationsfolien bald irgendwo zum Download gibt.

Ebenfalls sehr gut fand ich Olaf Nies, der anhand eines ganz konkreten Beispiels die Fallstricke und Schwierigkeiten aufzeigte, die man beim »Umstellen« auf Webfonts haben kann. Im Detail kann man sicherlich einige Unklarheiten und steile Behauptungen kritisieren, aber insgesamt war es schön, einen Gegenpol zu den anderen Jubelvorträgen zu haben, denn auch bei den Webfonts gibt es natürlich nicht nur unproblematische Aspekte.

Ich selber habe diesmal komplett auf technische Details verzichtet und Beispiele von Webfonts-Anwendungen in der realen Welt ausgewählt und besprochen. Mein Fazit dabei: Noch sind die meisten großartigen Designs mit Webfonts auf solchen Websites zu finden, die entweder als Portfolio für Webdesigner dienen, oder sich im unmittelbaren Umfeld von Design, Kunst und digitaler Kultur befinden. Richtige Massen-Websites, die intelligent von Webfonts Gebrauch machen, sind noch sehr rar gesäht. Folien hier – Eine Linkliste zu den Beispielseiten folgt in Kürze!

Ich kann gar nicht oft genug betonen, wie nett und unkompliziert alle Menschen waren, die ich in München getroffen habe. Einer bat sogar um ein Autogramm »für einen Freund«. Ich glaube aber, der wollte mich nur verarschen. Nur kaum satirisch kann man jedoch den neuen Beruf betrachten, den Stefan und ich und als neuen Traumberuf erkoren haben: Demnächst wollen wir als Hinter arbeiten. Und wenn wir uns dann mit anderen Hintern zusammentun, gehen wir ins Hinterzimmer und versohlen … ihr seht schon, wohin das führt.

Also: Daumen rauf für den Webfontday, die tgm, Boris, Anja, Michi und die anderen. Das hat klasse funktioniert!

update: Einen viel umfangreicheren Bericht zum Webfontday hat Johannes Heuckeroth verfasst!